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Himmlisches Zeugs: Grossvaters Vespa

Ich halte mich stehend am Lenker der Vespa und habe das Gefühl, ich würde selbst steuern, was natürlich eine Illusion ist. Meine braungebrannten Füsse schlittern in den abgenutzten Sandalen, deshalb strecke ich meine Zehen und kralle diese auf der gerillten Fussmatte aus Gummi fest. In der Luft liegt Benzin- und Motorölduft.

Grossvater fährt langsam, und vor den Kurven drückt er kurz mit seinem rechten Fuss auf die Hinterradbremse.

Der Geschwindigkeitsanzeiger bewegt sich nicht linear, sondern in sonderlichen Sprüngen, als würden wir während der Fahrt Luftlöcher durchbrechen.

Mein schmunzelndes Gesicht zittert im Rückspiegel, Grossvater trägt einen Strohhut und eine dunkle Brille. Sein Schnurrbart bewegt sich leicht nach rechts und links, je nachdem welche Kurve wir nehmen. Ob ihm das bewusst ist?

Grossvaters Vespa ist crèmefarben, der Zweiersitz hingegen schwarz und warm, weil er zuvor an der Morgensonne gestanden hat. Dort, wo der Motoroller normalerweise hingestellt wird, ein paar Meter vor dem Hauseingang meiner Grosseltern, gibt es schwarze Ölflecken am Boden. Nun sind sind wir seit ein paar Minuten unterwegs und fast beim Dorfeingang angelangt.

Am Strassenrand werden wir beidseitig von Feigenbäumen begleitet, die graue Schattenrisse auf die Strasse werfen.

Manchmal gibt es auf dem Asphalt kleine Gruben, die Nonno aber gekonnt umfährt, was uns leicht zum Schaukeln bringt.

Nonno schaltet die Gänge mit der linken Hand. Jedes Mal, wenn er das tut, legt die Vespa eine Verschnaufspause ein, um dann brummend einen spürbaren Satz nach vorne zu machen. Dann halte ich mich noch fester am Lenkrad und lache vergnügt.

Mit Grossvaters Vespa fahren wir nirgendwohin und sind doch ganz nah bei uns.

 

Photo by Karl Köhler on Unsplash

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