Lässt sich Zeit dehnen? Mithilfe von Dingen? Wie sehen Zeit-dehn-dinge aus? Ich nehme euch in diesem Kunstlvog zu einem Atelierbesuch und in die betörende Parallelwelt von Dario Cavadini mit.
Darios Objekte sind nicht einfach Objekte, sondern Einladungen, das eigene Fühlen zu erweitern.
Später werfen wir noch Blicke in die fertige Ausstellung mit dem Titel: «Sichtbar ist das Verborgene»: bis 8. Dezember 2023 in der Johanneskirche Zürich in der Reihe «Kunst in der Johanneskirche».
Der Vlog würde auch in die Reihe «Ästhetische Gefühle» passen. Mit dem 21. Kunstvlog aber startet eine neue Reihe: Atelierbesuche.
Darios Kunst kommt auf leisen Sohlen daher. Sie wirkt aber nach, schleicht sich in die Seele. Manche Objekte wecken Erinnerungen an China-Besuche: an kunstvolle Miniaturfelsen in taditionellen Gärten oder korallenförmige Gebilde in Studier- und Begegnungszimmern von Mandarinen.
Das Werk für die Johanneskirche füllt die gesamte Stirnwand des Chores. Mein erster Eindruck: Schoggi, die silberne Knitterfolie leckerer Schokolade. Mit dem Anbruch des Abends verwandelt sich die Installation. Durch das Anwachsen der Schatten gewinnt sie etwas Mystisches, auch Unheimliches. Das Licht der Kerzen aber wirkt warm und bergend. Das Licht verbindet alle, die mit dem Werk interagieren: eine ungewohnte, zarte Verbundenheit der Anwesenden.
Erweitereter Kunstbegriff – ausgedehnte Objekte
Cavadinis Keramikobjekte sind elegant un geheimnisvoll, Aluminium spiegelt die Umgebung in unendlichen Facetten.
Ich bin von der Kunst und Atmosphäre in der «Meditationsklause» bezirzt! Und von der Ausstrahlung dieses jungen Künstlers. Gleich ums Eck der digitalen Räume, in denen wir uns reduziert bewegen, öffnet er andere Räume, Parallelräume: zum Einkehren, Luft holen, sich wieder spüren, Gleichgesinnte entdecken.
Dario Cavadini ist Absolvent der Düsseldorfer Kunstakademie. Diese ist bekannt für einen weiten und offenen Kunstbegriff. Die frühere Wirkungsstätte von Joseph Beuys (dem «Kunst-Schamanen») lässt Studierenden grosse Freiheit.
Dario interessiert sich für Themen von Zeremonie und Ritual. Kirchenräume, die eigens dafür gebaut wurden, betrachtet der Künstler als spannende Herausforderung.
Dario Cavadini sagte mir:
«Mich interessiert, wie man über den Objektbegriff hinauskommen kann zu Ritualgegenständen, die mit dem verschmelzen, was nicht mehr Objekt ist, sondern etwas anderes.»
Neben dem Akademiestudium hat der Künstler auch teachings in silence bei Bhagwan Awatramani absolviert.
Dario Cavadini macht Ritualperformances. Im Vorjahr etwa «Die Natur ins Grabe Tragen» in der Helferei Zürich.
Ein weitere Schwerpunkt ist Skulptur in der Natur, zum Beispiel «Ich stehe hier in meinem Fels» 2020 im Züricher Seeburgpark.
… und er ist dabei, in Zürich einen Künstlerraum zu etablieren, einen ausstellungs- und begegnungsraum am Burgweg, wo sich auch sein Atelier befindet. Der Raum dient der Präsentation eigener Werke und der Kunst befreundeter Künstlerinnen und Künstler. Der Name ist Programm: «sich berühren lassen»
Das weitere Programm in der Johanneskirche
- Mittwoch, 22. November, 19.00 – 20.30 Uhr, Künstler-Special mit Dario Cavadini. Der Künstler liest aus seinen poetischen Texten.
- Dienstag, 28. November, 18.30 – 19.05 Uhr, Kunst-Vesper. Eine liturgische Feier zur Kunstinstallation.
- Freitag, 8. Dezember 2023, 18.00 – 20.00 Uhr: Finissage
Kommende Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen von Dario Cavadini:
- «nach der natur I», 9. September bis 7. oktober 2023, Gruppenausstellung, Galerie Luciano Fasciati in Chur.
- «beaux_losanges interventionen» im Frühjahr 2024 im frühjahr 20 Aux Losanges, Tschiertschen.
Foto: Johanna Di Blasi