Less noise – more conversation.

 Lesedauer: 4 Minuten

Einander frei begegnen

Vielleicht erwartet ihr jetzt sowas wie ein Ende dieser Reise, die ich in der «Dating»-Serie beschrieben habe. In einem Buch oder Film wäre jetzt auch der Moment, an dem eine Wende passierte. Der Moment, wo überraschend doch noch «Prince charming» auftaucht und mich eines Besseren belehrt:

Dass ich eben doch besser dran bin mit einem Mann an meiner Seite. Dass eine Beziehung eben doch das ultimativ Erstrebenswerte ist.

Vier Jahre Dating sind es inzwischen. Ich muss euch leider enttäuschen: es gibt kein Ende. Ich würde ja gerne die Geschichte erzählen davon, wie ich jetzt «happily ever after» verpartnert bin.

Doch darum geht es genau nicht, wenn ich das oben Genannte ernst nehme.

Allein dem «anderen» begegnen

Es geht letztlich um Freiheit. Und die ist bemerkenswert: Heute erlebe ich das Spiel rund um Dating und Beziehungen als etwas sehr Schönes, Genussvolles. Menschen faden sich ein und aus. Als der suppenkochende Amerikaner meinte, er möchte mich nicht mehr «in a romantic way» treffen, war das absolut OK. Da war keine Verletzung mehr da, die das als Zurückweisung empfinden konnte. Sondern einfach diese Weite, dieser Platz, in dem alles so sein kann, wie es ist.

Dabei werden die Verbindungen tiefer, das Vertrauen grösser, ohne dass da jemand wäre, der sie festhalten müsste. In der Erfahrung des «Schwimmens in Ewigkeit und Grenzenlosigkeit», in der Erfahrung der Alleinheit einem ‘anderen’ zu begegnen, ist wunderbar. Erfüllend. Offen. Bemerkenswert. Herausfordernd.

Monogamie ist nicht zwingend

Gleichzeitig darf es aber frei bleiben. So, dass Monogamie nicht zwingend ist, die Dauer einer Beziehung egal und so oder so alles ufenart ziemlich unpersönlich wird – und gleichzeitig sehr persönlich bleibt.

Denn es sind genau diese Gestalten, diese Ausdrücke des Einen, die sich genau jetzt, genau hier, genau so treffen. Einzigartig. Unpersönlich persönlich. Unspektakulär spektakulär. Nichts was unser Schätzeli-Kopf zusammenbringen könnte, aber wie wir wissen, es ist eh nicht dessen Job.

Vielmehr ist es der Job der guten alten Aufmerksamkeit, die weder an ein Ich, noch an Gedanken, noch an einen Kopf gebunden ist. Das, was diese Worte hier liest, mühelos. Das, was diese Worte hier versteht, mühelos. Die Aufmerksamkeit, die sich auf etwas richten kann, wie ein Scheinwerfer, mühelos. Das, was Geräusche hört, den Wind auf der Haut spürt, Gedanken wahrnimmt.

Das bist nicht du als Person, das sind nicht deine Gedanken. Sondern diese mühelose Aufmerksamkeit. Für diese sind Widersprüche keine Widersprüche, sondern lediglich Dinge, die gleichzeitig sind. Aufmerksamkeit ist, genauso wie die Liebe. Ist einfach da.

Je mehr ich also das Eintauchen in die Aufmerksamkeit selbst übe, in Stille sinke, desto freier werde ich von mir.

Im Eintauchen in die Aufmerksamkeit, in dieses pure einfach Sein, können wir uns selbst als Aufmerksamkeit erleben. ‘Ich’ bin bloss ein Konstrukt und darf Bitzli für Bitzli davon abstreifen. Frei werden für das, was meine Mentorin Kiran «your true nature» nennt. Das Eigentliche. In diesem Eigentlichen geht das Spezifische von Leela nicht verloren, im Gegenteil. Wenn Konditionierung und Verstrickungen abfallen, kann es erst vollkommen zum Ausdruck kommen.

Einheit von Gegensätzen – in mir selber!

In den letzten Tagen sah ich in einer Meditation zudem: diese Vereinigung oder Partnerschaft ist ebenfalls, genauso wie die Liebe, genauso wie die Aufmerksamkeit, genauso wie das Sein selbst.

Entschuldigung bitte, was?! Jep. Die Einheit vom Femininen und Maskulinen* ist jetzt, hier, im Moment. Nicht irgendwo dort draussen, in einer anderen Person. Jetzt hier. Als inhärente Eigenschaft des Seins.

Ich weiss, hier wird mal wieder deutlich, wie begrenzt Sprache ist. Ich kann nur versuchen, auf mein Erleben hinzuweisen und dessen Möglichkeit aufzeigen. Dennoch lohnt sich dieser Versuch, dieser Austausch. Ich finde es inzwischen immer lustvoller, so präzise Worte wie möglich zu finden, obwohl sie blosse Hinweise bleiben. Wegweiser auf einer Wanderung, sozusagen. Hilfreich, aber nicht eigentliche Wanderung.

Die eigentliche Wanderung ist momentan eine unglaublich erfüllende und sie führt mich tief hinein in unbekannte Gefilde. Die beiden Menschen, die aktuell lose mit mir unterwegs sind, sind beide auf ihre Art sehr überraschend. Ich darf jeden noch so versteckten Winkel meiner Prägungen go abstaube. Ich darf in diesen Beziehungen noch tiefer ins Schwimmen in Ewigkeit und Grenzenlosigkeit fallen.

Dass sich alles nochmals ändert und vielleicht auflöst, wenn ich in ein paar Wochen ins Tessin ziehe, macht irgendwie keinen Unterschied. Weil die Erfahrung nicht an externe Bedingungen gebunden ist.

Zimli geil, würi säge.

Und so, ja so, kann das Spiel endlos weitergehen. Es braucht kein Ziel.

Im vierten und letzten Teil nächste Woche lest ihr, was sich auf der Wanderung bewährt hat und warum es sich lohnt, keine Angst vor Feedback zu haben.

*Jenseits jeglicher Genderkonstrukte verstanden

Photo by Elia Pellegrini on Unsplash 

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2 Kommentare zu „Einander frei begegnen“

  1. «Ja, das Liebesglück ist der Beweis, dass die Zeit die Ewigkeit aufnehmen kann.» Alain Badiou. Danke Leela für diese sehr persönlichen, sehr aufschlussreichen Einblicke.

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