Less noise – more conversation.

 Lesedauer: 4 Minuten

Von abgeleckten Gesichtern, Ghosting und Inspiration

Ohne in einen peinlichen Oversharing-Modus zu fallen, möchte ich gerne einige meiner Erfahrungen teilen. Denn meine Anwendung der Dating-Apps veränderte sich stark mit den Jahren, wurde immer freier. Und irgendwie denke ich bei allem, was ich hier und anderswo erzähle: Wenn das für mich möglich ist, dann ist es das auch für andere. Wenn ich mit meiner Geschichte frei sein kann, dann können das andere aber sowas von.

«Ich würde dich ja zu mir einladen, doch meine Heizung ist ausgestiegen», log ich meinem allerersten Date vor. Also ging ich zu ihm, einem Romand, der mir Moscow Mules zubereitete. Obwohl ich schon da eigentlich keinen Alkohol mehr trank. Oh well. Wir hatten eine gute Zeit miteinander, sahen uns vielleicht noch zwei, drei Mal, dann hörte ich nichts mehr von ihm.

Das fand ich nicht weiter schlimm, da zwischen uns keine tiefe Verbindung war.

Die Tinder-Anfangsphase

Während meiner Anfangsphase auf Tinder versuchte ich, den Kennenlern-Teil vom Dating zu überspringen. Ich wollte ja nicht mit diesen Menschen zusammen sein, dachte ich, also muss ich auch nichts über sie wissen. Etwas nervös und angespannt in Bars oder Cafés zu sitzen, war mein persönlicher Albtraum. Also lieber gleich zu jemandem nach Hause.

Ihr könnt euch vorstellen, dass das nicht eine Herangehensweise aus Klarheit ist, oder? Nachdem ich bei einem jener Dates mein Gesicht abgeleckt bekam, begriff auch ich: Nä-ä, so geht das nicht. Ich muss mich doch auf einen langsameren Prozess einlassen und kann den Kennenlern-Schritt tatsächlich nicht überspringen. Wer sich nicht auf einen harmlosen Kafi mit mir einlassen kann, gerne während eines Spaziergangs, ist raus.

Fragil und dennoch echt

Über Freunde lernte ich jemanden kennen, den ich sehr mochte. Mit dem ich ein paar Monate verbrachte und lernen durfte, wie fragil solche unverbindlichen und dennoch echten Verbindungen sind.

Ich lernte, wie schnell man in Beziehungen rutscht und wie schwer es ist, sich wieder zu lösen.

Ich lernte, dass es sich lohnt, gewisse Grenzen nicht zu verhandeln. Dass unsere menschlichen Herzen sehr zerbrechlich sind und so oder so schon mit genügend Schmerz zu tun haben.

Kompromisslosigkeit

Ich blieb kompromisslos bei meinen Grenzen und vertiefte mich weiter in die Erfahrung davon, dass Liebe ist. Unabhängig von externen Umständen oder Personen. Die Begegnungen veränderten sich, ich traf Menschen, mit denen echte, authentische Momente möglich waren. Jemanden, mit dem beim ersten Kuss sowas wie ein Erinnern an vergangene Leben miteinander passierte.

Es zeigte sich aber auch, wie schnell ich in Muster falle.

Wie schnell ich dann eben doch wieder eine Person für das Gefühl, geliebt zu sein, verantwortlich mache. Wie schnell ich etwas festhalten möchte, etwas haben möchte. Zum Glück, kann ich sagen, zerrann das Festgehaltene in meinem Griff zu Sand. Alte Muster, basierend auf Angst, die wären kein gutes Fundament für eine echte Partnerschaft.

Und: meine echte Partnerschaft, jene, die ich nähren und pflegen möchte, ist jene mit dem Leben selbst. Mit Gott, wenn wir das Wort verwenden möchten. Das hat Priorität. Und führt immer tiefer in diese Erfahrung der Alleinheit, tiefer hinein an den Ort, der weder Zeit noch Raum noch Ich kennt. Der sich nach Schwimmen in Ewigkeit und Grenzenlosigkeit anfühlt. Zimli geil, würi säge.

Inspiriert werden

Ich sagte viel Nein, beendete viele mögliche Techtelmechtel, blieb bei meinen unbeliebten Grenzen. Es wurde immer klarer, was ich nicht möchte. Was ich möchte.

Die Begegnungen wurden tiefer. Und von jeder dieser tiefen Begegnungen nahm ich etwas mit.

Da war jener Australier, der jeweils im Sommer auf einer Alp arbeitete. Von ihm nahm ich eine Liebe für Kühe mit. Jener Berner, der unglaublich schön war. Von ihm nahm ich die Entdeckung eines für mich relativ neuen Musikgenres mit. Jener Amerikaner, der mir Suppe kochte. Von ihm nahm ich eine Vorliebe für schöne Teppiche mit.

All diesen Menschen bin ich dankbar für die Inspiration. Dankbar für die Lernmöglichkeiten, die bestimmt nicht one way waren.

Findet im dritten Teil dieser Serie heraus, ob die Geschichte mit «und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage» weitergeht!

 

(Photo by Mika Baumeister on Unsplash)

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