Dein digitales Lagerfeuer
Dein digitales Lagerfeuer
 Lesedauer: 5 Minuten

Wie mit Trauernden umgehen? 5 Tipps

1. Ein simples «Es tut mir leid» reicht

Es braucht keine gescheiten Worte, wenn du zum Beispiel an einer Beerdigung der Trauerfamilie oder engsten Angehörigen begegnest. «Es tut mir leid» reicht vorig. Wenn das von Herzen kommt, umso mehr.

Was Trauernden hilft, ist ehrliche Anteilnahme.

Die kann sich in Worten ausdrücken, muss aber nicht. Vielleicht ist es dir näher, dich über ein Bild oder ein Lied auszudrücken.

Was hingegen eher nicht ankommt, sind schlaue Sprüche, die den Tod relativieren. «Everything happens for a reason» fühlt sich nach einem Schlag ins Gesicht an für jene, die gerade ihren liebsten Menschen verabschieden müssen. So lieber nicht.

2. So tun, als wär nichts? Nur seltsam

Damit komme ich zum nächsten Punkt: Du weisst nicht, was sagen, also tust du, als wär nichts, wenn du der trauernden Person wieder begegnest? Das ist total weird.

Natürlich ist mir klar, dass es vielen vielleicht unwohl ist, weil Tränen fliessen könnten. Natürlich ist mir klar, dass es vielen unwohl ist, sich vielleicht mit eigener, ungelöster Trauer auseinanderzusetzen.

Doch für Trauernde (und ja, ich finde eigentlich für die ganze Welt) ist es doch so viel hilfreicher, wenn wir uns nicht hinter unserem Unwohlsein verstecken. Sondern vielleicht ganz ehrlich sagen: «Ich bin mir nicht sicher, wie ich dir begegnen soll oder kann. Deine Trauer löst in mir ganz viel aus.».

Oder noch simpler: «Was tut dir denn jetzt gerade gut?».

Je nachdem wie gross der Schock ist, ist es auch hilfreich, Dinge einfach anzubieten. Wie zum Beispiel «lass uns heute einen kleinen Spaziergang machen» oder «ich bringe dir später Einkäufe vorbei».

Dass uns im Angesicht von Tod unwohl ist, ist OK. Doch früher oder später geht er uns alle an. Oder wie die Jodlerin Simone Felber singt: «Er isch vo Afang a da gsi.»

3. Mit der Beerdigung ist es nicht vorbei

In den ersten Wochen nach einem Todesfall werden Angehörige überhäuft mit Hilfsangeboten, Unterstützung, Blumen. Auch an einer Trauerfeier hören wir «komm zum Znacht», «wir sind da für dich», «du kannst jederzeit bei uns vorbeikommen».

Das ist schön – doch die wirkliche Arbeit beginnt erst viel später.

Oftmals beerdigen wir unsere Liebsten ja innerhalb von circa zwei Wochen, nachdem sie gestorben sind. In dieser Zeit realisieren wir noch gar nicht, was geschehen ist. Das sickert erst langsam ins Bewusstsein.

Und ich wür säge, erst nach etwa sechs Monaten kommt die Botschaft im Körper an, dass das nun das neue Normal ist. Dass der Ehemann nicht mehr im Garten werkelt oder die Mutter dir nicht mehr «Gute Nacht» wünschen wird.

Und dann, dann brauchen wir Trauernden das Netz an Freunden, Bekannten und anderen lieben Menschen. Doch dann ist es leider oft bereits etwas vergessen gegangen.

Ich weiss noch, wie die Mutter einer Freundin von mir, die mit 19 Jahren starb, sagte: «Jemand hatte die Frechheit, mich nach einem Monat mit einem grossen Lächeln zu fragen: Und, wie geht es dir? Jetzt ist ja schon ein Monat vergangen, bestimmt besser!»

Es gibt auch andere Beispiele: von Trauergruppen etwa, die auch Jahre nach dem jeweiligen Todesfall noch zusammenkommen oder Freundeskreise, die jedes Jahr den Geburtstag einer Verstorbenen Person feiern. Die Facebook-Gruppe «Post Mortem Agency», die von Freunden des RefLab gegründet wurde, bietet Menschen einen virtuellen Ort, an dem sie aussergewöhnliche Erfahrungen nach dem Tod eines geliebten Menschen teilen können.

4. Es geht nicht um dich!

Es ist hilfreich, sich als nicht unmittelbar betroffene Person immer daran zu erinnern: Es geht hier nicht um mich.

Das ist der pure Schmerz, der da spricht oder handelt.

Und das ist zwar unangenehm, aber ok.

Je nachdem dreht sich für die trauernden Personen ja das ganzen Leben nun um diesen Verlust. Ich sage je nachdem, denn nicht jeder Tod eines Liebsten muss dich traumatisieren, es kann auch ein wunderschönes Erlebnis sein.

Auch wenn sich also manchmal Unverständnis oder gar Wut gegen die unbeholfenen Mitmenschen richtet: Letztlich hat sie nichts mir dir zu tun.

5. Was wirklich hilft: einfach nur da sein

Wenn ich auf meine eigene, reiche, dichte Erfahrung mit Tod schaue und an all die Gespräche denke, die ich mit anderen Trauernden geführt habe, dann sehe ich: Es ist das unerschrockene, simple Präsent-Sein, das wirklich hilft.

Als eine Freundin ebenfalls ihren Partner verlor, sass ich zum Beispiel einfach mit ihr in der Badi und liess sie fluchen, rauchen und trinken.

Und versuchte nicht, irgendetwas zu ändern. Sie vom Gegenteil zu überzeugen. Sondern hielt es mit ihr aus, dass das jetzt gerade einfach Scheisse ist.

Das war auch, was mir damals am meisten half: Dass eine Freundin mit mir war, die keine Angst vor meiner unermesslichen Trauer, meinem alles verzehrenden Schmerz hatte.

Ja, dafür brauchst du einen super stabilen Boden. Ja, das ist nicht einfach so gegeben für viele. Doch vielleicht inspiriert dich genau das Wahrnehmen von «ui, das überfordert mich gerade sehr» dazu, dich auf die Suche nach deinem Boden, deiner Stabilität zu machen.

Es gibt kein Rezept

Auch wenn ich hier fünf Punkte aufliste und Dinge nenne, die Trauernde in ihrem Prozess unterstützen können: Ein Rezept für den Umgang mit Tod und Trauer gibt es nicht wirklich. Denn es geht weniger darum, was du konkret tust, sondern mehr darum in welcher Haltung.

Wenn du nämlich offen und ehrlich und etwas unerschrocken jemandem begegnest, der gerade einen lieben Menschen verloren hat – dann hast du schon vieles richtig gemacht. Und etwas Empathie schadet so oder so nie.

 

In Leela Sutters Podcast «Holy Embodied» ging es zu Karfreitag auch ums Thema Sterben: «Wie stirbt man gut?» 

Im Podcast «I Feel You» gibt es eine Staffel zum Thema Tod. In einer Folge erzählt auch Leela Sutter ganz persönlich über ihre Erfahrungen mit dem Tod.

Eine Option, die unverrückbare Stabilität in dir zu entdecken ist zum Beispiel das Holy Embodied Wochenende im Kloster Kapper im Oktober. Alle Infos zur Anmeldung und Details werden demnächst bekanntgegeben.

Foto von The Good Funeral Guide auf Unsplash

Alle Beiträge zu «Auf Tuchfühlung mit dem Tod»

1 Gedanke zu „Wie mit Trauernden umgehen? 5 Tipps“

Schreibe einen Kommentar

Das RefLab-Team prüft alle Kommentare auf Spam, bevor sie freigeschaltet werden. Dein Kommentar ist deswegen nicht sofort nach dem Abschicken sichtbar, insbesondere, falls du am Abend oder am Wochenende postest.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

RefLab regelmässig in deiner Mailbox