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Jesus fand man unter den Geringsten

Ging Jesus den Weg des geringsten Widerstandes? Nein, ging er nicht. Im Gegenteil. Er hat es sich alles andere als leicht gemacht*. Auch schon sein Vater – Gott, zur Erinnerung – hatte es nicht leicht. Von Anfang an. Erfunden von Menschen, die ihm wiederum die Schöpfung ihrerseits auferlegten.

Das ist schon verrückt: Der Mensch imaginiert ein Wesen, dessen Hauptaufgabe (nebst vielen anderen, denn sein Jobprofil ist lang, imposant und stressig) es ist, ebendiese Menschen zu erschaffen. Auf diesen Gedanken muss man erst mal kommen. Ich frage mich: Wann werden wir Menschen wieder mal so eine richtig grosse krasse Idee haben? Quasi the next big thing?

Momentan befassen wir uns ja eher mit «the next bad thing». Vermutlich, weil es uns zu gut geht. Vielleicht fehlt es an grossen Visionen. Egal. Motivation aus Defizit ist auch gut, verbessert die Welt ebenso.

Ich mache bei diesem Trend jetzt auch mit und nominiere folgende fünf Thesen als «Bad Thing 2022»:

1. Die Kuh

Schon lange auf dem Radar, geht es ihr jetzt definitiv an den Kragen, respektive an den Hörnern. Mit ihren unökologischen Methanfürzen, der miesen CO2-Bilanz infolge der riesigen Hufabdrücke (vier Beine und alle fünfzig Meter ein Fladen) und der ineffizienten Milchproduktion. Ich sage nur: 4 Mägen!

Überhaupt, Milch. Ganz schlimm. Bääh, Laktose. Bääh, damit säugt man Kälber. Der Kuh tun wir einen Gefallen, wenn wir sie in die freie Natur entlassen. Völlig überzüchtet ist sie und hässlich anzuschauen. Ständig hat sie eine lärmende Glocke um den Hals. Wenige Zentimeter von den Ohren entfernt. Was soll das!? Längst gäbe es technische Lösungen mit GPS. Kühe sind Herdentiere. Es läuft kaum mal eine davon. Nur damit die Wanderer ein Heimatgefühl entwickeln, beim Gebimmel hören? Pfui. Hier sollte längst der Tierschutz eingreifen.

Nein, die Grossvieheinheit (so der Fachjargon in Bauernkreisen) hat ausgedient.

2. Das Frühstück

Sind Sie jemals aufgestanden und haben Hunger verspürt? Das ist selten. Meist nur dann der Fall, wenn man abends so richtig viel gegessen hat. Ein Fondue-Chinoise-Abend bis 23 Uhr. Dann ist am Morgen der Magen aufgebläht und er sendet das Signal, bitte nachschütten. Da reicht dann meist ein Glas Wasser. So richtig Hunger bekommt man erst ein paar Stunden später.

Viele machen ja jetzt diese 16/8-Diät. Das fällt am Morgen überhaupt nicht schwer, höchstens abends ein bisschen. Warum glauben wir, dass das Frühstücken so wichtig ist? Wie ist es dazu gekommen? Die Werbung bringt uns Worte wie Superfood bei, oder das perfekte Müsli, zeigt uns lachende Kinder mit Milchschnurrbart (bääh, Milch!) und macht uns weise, das Frühstück sei die wichtigste Mahlzeit des Tages. Es ist die erste. Nicht mehr, nicht weniger. Von mir aus kann man sie getrost weglassen. Und das Zmittag so richtig geniessen, am besten mit Gesellschaft.

Die 16/8-Diät ist übrigens nichts Neues. Der Bader bringt dem künftigen Medicus (von Noah Gordon) in Reimform bei:

 »Wir essen zweimal täglich«, erklärte der Bader, »am späten Vormittag und am frühen Abend, wie alle zivilisierten Menschen: Heraus um sechs, Frühstück um zehn, Dinner um fünf, zu Bett um zehn, schenkt dir Jahre zehnmal zehn.«

Die Geschichte spielt im 11. Jahrhundert und ist meine diesmalige Empfehlung.

Also, merke: frühstücken ist bad.

3. Die Mode

Ja, das ist natürlich überhaupt nichts Neues. Doch nicht nur fast fashion ist bad, sondern generell fashion. Nur no fashion is a good fashion.

Die Welt ist eingekleidet. Hört auf zu produzieren.

Und kommt mir nicht mit Arbeitsplätzen. Dann müssen wir bessere Plätze schaffen. Oder diese wenigstens richtig bezahlen. Mich persönlich würde es sehr freuen, wenn das Thema Fast Fashion im Jahr 2022 bisschen mehr in den Fokus geriete.

Lösungsansätze und Ideen sind da: Flickwerkstätten (Recycling ist gut, Reparieren ist besser), Tauschbörsen, usw.

Dank Homeoffice braucht man auch seltener ein schönes repräsentatives Kleid fürs Büro. Wie viele Blazer verkümmern in den Schränken seit Corona?

4. The «too rich»

Auch im Jahr 2022 wird in der Schweiz wieder fleissig vererbt. Raten Sie mal die Summe. Viel zu tief. Es sind sage und schreibe 90 Milliarden Schweizer Fränkli. Ich schreibe es kurz aus: satte 90’000’000’000. Die Summe hat sich in den letzten 30 Jahren verfünffacht. Das BIP hat sich in der gleichen Zeitspanne nur verdoppelt.

Das Problem dabei: 60-Jährige beerben 90-Jährige. Der Erblasser mag es gut meinen. Doch der Erbende ist schon fast im Pensionsalter, innovationsmüde und angezählt. Er fügt das Geld nicht der Wirtschaft zu, gründet keine Start-Ups. Ein bisschen Kunst vielleicht, nett. Ich fand es bedauerlich, dass die Erbschaftssteuerreform im Juni 2015 abgelehnt wurde. Ein Ansatz wäre doch folgender: Der Tod gehört allen. 50 % der Erbmasse kommt in einen Pool. Jährlich wählt das Parlament 10 Projekte und stellt sie dem Volk vor. Und wir entscheiden dann. Na, das wird für Einschaltquoten sorgen.

Die wachsenden Vermögen der Superreichen werden zunehmend zu einem Problem.

Jedes Land kennt eine Armutsgrenze. Doch wir brauchen auch eine Reichtumsgrenze.

Eine Deckelung gegen oben. Reiche nehmen zu viel Einfluss, können sich Medien und Politik kaufen.

Ich sage: too rich is bad, very bad.

5. Die Kantone

Sie sind – nebst den Medien – die grossen Verlierer dieser Pandemie (Sie erinnern sich: Corona und so) und gehören abgeschafft, vereint, revidiert. Dieser Flickenteppich an Regelungen. Das Ausland macht Witze, reibt sich die Augen. Und wir Bürger sind ratlos und hören gar nicht mehr hin. 26 Kantone, die jede Umsetzung verlangsamen.

Ich könnte mich mit fünf Provinzen anfreunden: Romandie, Tessin, Mittelland, Innerschweiz, Osten. Dann blockieren wenigstens nur noch diese fünf. Letzte Woche erschien die Info, dass der Bund rote Zahlen schrieb wegen der Pandemie (keine Überraschung), während die Kantone ein Plus gemacht haben. Das darf doch nicht sein! Sie merken, ich ereifere mich. Wie ein Wutbürger. Ich habe es nicht leicht. Doch noch längst kein Vergleich zu Gott und Jesus. Was die alles ertragen mussten…

Was meinen Sie, ist the next bad thing? Schreiben Sie es mir.

 

Lukas Meyer, Mollis 14. Dezember 2021

*siehe dazu: Die Bibel, «Neues Testament»

 

Photo by Zachary Kadolph on Unsplash

 

2 Kommentare zu „Jesus fand man unter den Geringsten“

  1. Hustier bsunders hund und chatz häsch fägässä. Wänt übohleisch wöviel fleisch und katzä gar no Vögel ässäd. Sind eigentli nu chind no schlimmoh

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