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Thorsten Dietz – Weiterglauben in theologischen Wandlungen?!

Warum verändert sich die Theologie mit jeder Generation? Selbst bei denen, die behaupten, dass es in der Theologie um immer gleiche, ewige Wahrheiten geht? Muss sich Theologie vielleicht immer weiter entwickeln? Oder verliert sie dabei ihr Thema aus den Augen? Andreas Loos befragt in der zweiten Folge von Geist.Zeit Thorsten Dietz, wie er sich im Laufe der Jahre theologisch gewandelt hat und welche Einflüsse dafür entscheidend waren. Und: Wie verhindert man, dass man bei solchen theologischen Wandlungen nicht zu einem theologischen Chamäleon zu werden, das sich stets an die jeweiligen Entwicklungen der eigenen Zeit anpasst?

12 Kommentare zu „Thorsten Dietz – Weiterglauben in theologischen Wandlungen?!“

  1. zu min 48:00: „Wenn Glaube ein Geschenk ist….Was habe ich zu verlieren? Welche Realität kann das wirklich in Frage stellen?“ – Ich selber. Denn: Ich werde ja nicht geglaubt. Ob ich eine Erkenntnis annehme oder nicht, möchte ich immer noch selbst entscheiden. Diese Freiheit gehört mE ganz wesentlich zur Ebenbildkeit Gottes dazu. Bei der freudigen Entdeckung, dass man keine Leistungen bringen muss, um von Gott angenommen zu werden und angenommen zu bleiben, ist der Protestantismus bei der Frage der Veranwortlichkeit des Menschen ein bischen übers Ziel hinausgeschossen.

    1. Danke für den Hinweis! Richtig, die Bedingungslosigkeit der Gnade ist etwas anderes als Folgenlosigkeit. Gnade kennt keine Vorleistungen, wohl aber Konsequenzen. Vor allem im älteren Protestantismus war das unumstritten; und so weit ich sehe, ist es das heute auch, nur anders gelagert. Die Frage ist eher: welche Konsequenzen zieht der Glaube an die Gnade Gottes nach sich? Welcher Verantwortung müssen wir uns stellen? Und da ist mein Eindruck: im seriösen modernen Protestantismus fehlt es ja nicht an Verantwortungsbewusstsein. In ethischer Hinsicht: für Menschenrechte, Umweltschutz, sozialer Ausgleich, Gleichberechtigung etc. Hier wirken traditionellere Glaubenshaltungen bisweilen „laxer“, oder? Und in Hinsicht auf Wahrheitsfragen. Ich finde die Formulierung schwer verständlich: „Ob ich eine Erkenntnis annehme oder nicht, möchte ich immer noch selbst entscheiden.“ Gerade in einer Erkenntnis bin ich doch immer ganz und gar involviert. Dieser Abstand zwischen meiner Erkenntnis und „mir“ existiert doch so gar nicht. Die Frage dürfte eher sein: ob ich mich Wahrheitsansprüchen, Hypothesen und Einwänden etc. stelle. Und an dieser Stelle meine ich: Gläubige sind im Prüfen aller Wahrheit erstens frei und zweitens grundsätzlich auch verpflichtet, sich dem zumindest nicht grundsätzlich zu entziehen.

        1. Kein Glaube ohne Erneuerung, so weit gehe ich gerne mit. Ich würde die Beziehungen (Gott-Mensch, Mensch-Mensch) stärker gewichten als die Neuheit der Person. Denn letztlich sind es Beziehungen, die auch unser Dasein prägen.

          1. Ich denke, das geht nicht. Die Beziehung Gott-Mensch schafft die neue Identität. Sie muss das Primat haben. Erst dann können die Beziehungen Mensch-Mensch, Mensch-Umwelt gesunden.
            Es geht um die Überwindung alles Unglücklich-, Unheil- , Krankmachenden.

      1. Es kam mir weniger auf den Punkt an, was jetzt die Konsequenzen (m)eines Glaubens sind, als dass ich meinen Glauben selbst bejahen und zulassen muss, gerade wenn er sich verändert. Die Reflexion darüber kann ja teils auch hinterher kommen. Dass sich Glaube durch Begegnungen verändert, das denke ich auch (dein Post unten). Über eine gemeingeteilte Erkenntnis mit dem Gegenüber. Doch gerade was Begegungen anbelangt: Jede Seite kann auch „zumachen“.

    2. Hallo!

      > Ich werde ja nicht geglaubt.

      Das stimmt so nicht. Es gibt auch den Glauben Gottes an seine Auserwählten. Beweis: Psalm 89, 2: „Ich will singen von der Gnade des HERRN ewiglich und seine Treue verkünden mit meinem Munde für und für;“
      Da wo Luther „Treue“ textete, schreibt die KJV „faithfulness“. Im Hebräischen steht hier אֱמוּנָתְ (Emunah).
      https://www.blueletterbible.org/lexicon/h530/wlc/wlc/0-1/
      „Emunah“ steht auch in Habakuk 2, 4, was im Deutschen heißt: „der Rechtschaffene* aber wird durch seinen Glauben leben“ *[im Lutherdeutsch steht hier: der Gerechte]

      > Ob ich eine Erkenntnis annehme oder nicht, möchte ich immer noch selbst entscheiden.

      Wenn es eine echte Erkenntnis ist, dann gibt es gar keine Freiheit, diese abzulehnen.

      > Diese Freiheit gehört mE ganz wesentlich zur Ebenbildkeit Gottes dazu.

      Gott ist allwissend und hat daher gar keine Freiheit, irgendetwas nicht zu wissen.

      Alles Gute!

  2. Friedemann Schulz

    Lieber Herr Dietz, danke für den Podcast. Spontan denke ich bei Geist.Zeit an das protestantische Duo E.Mörike&H.Distler: Klang und Textklang sind geistreich verwoben…
    Der Feuerreiter“ ist momentan mein Liebling. Er reitet vor, in und nach der Zeit auf dem Esel in der Mühle. Ein stürmisches Inkognito 🎶

    1. Da fällt mir noch ein:
      Hiob sitzt auch glutvoll in der Asche und redet über die Feuertaufe.. ähnlich wie das Markusevangelium im genialen 8.Vers ;
      im 7. Vers (Schalom?) spricht der Theologe Johannes so schön über die Fuß-Sohlen-Gefühle im Heiligen Land. Glückliche Neue Woche! Markus heißt für mich Gottes Hammer! (Thorsten übrigens auch🎶)

  3. Nettes Gespräch. Die Ausführungen von Thorsten Dietz sind sehr interessant. Ich sehe aber ein großes Manko: Es fehlt die Antwort auf die Frage: Wie heißen diejenigen theologischen Strömungen, die modern sind, die von gläubigen Profs wie Jüngel, Bayer etc. vertreten werden und die aber nicht an die Grund-Ideen von Matthew Tindale, Hume, David Friedrich Strauß, Lessing, Schleiermacher, Tröltsch anknüpfen wollen und die daher nicht zur Liberalen Theologie gehören???
    Mir ist bislang nur „dialektische Theologie“ von Barth eingefallen. Aber laut Dietz‘ Worthaus-Vortrag zu Barth war das nur die zweite von seinen 4 Phasen, wo er ständig in Paradoxien von Gott gesprochen hat und nicht weit gekommen ist. Soll auch laut https://de.wikipedia.org/wiki/Dialektische_Theologie schon seit 90 Jahren nicht mehr modern sein.
    Ulrich Parzany hat in Abgrenzung gegen die Entmythologisierung folgendes gesagt: „Die Geschichte von der Sturmstillung soll dann einfach nur bedeuten, daß Jesus die Stürme meines Lebens stillt. Aber wenn er es damals nicht konnte, wieso sollte ich dann darauf vertrauen, daß er es heute kann?“ Der Logik dieser Frage kann man sich m.E. nicht entziehen. Wie würdest du darauf antworten, Thorsten?

    Alles Gute!

    1. Von „gläubigen Profs“ zu reden und entsprechend dann auch von anderen als Ungläubigen auszugehen lehne ich grundsätzlich ab, es ist erstens nicht möglich und zweitens sehr grenzüberschreitend. Die binäre Einteilung der Theologie in evangelikal(konservativ)/liberal ist immer problematisch und geht in der Regel von den Rändern aus. Viele sind in erster Linie lutherisch oder reformiert. Je nach Zusammenhang gibt es dann eine Fülle weiterer Unterscheidungsmöglichkeiten. Wichtig ist heut die Differenzierung religionshermeneutisch/offenbarungstheologisch. Vergleichbar damit ist der Anschluss an den Kulturprotestantismus oder an die Wort-Gottes-Theologie. In anderen Zusammenhängen wird man in der Exegese auf einer Achse religionsgeschichtlich/kanonisch differenzieren. können. Oder eine Haltung als feministisch, befreiungstheologisch, postkolonial nennen, oder auch traditionsorientiert, kulturprotestantisch.
      Letztlich sind das alles Bojen, die ungefähr eine Fahrrinne markieren. Richtung spannend sind am Ende die einzelnen Schiffe, die sich ihren Weg bahnen und dabei gerne auch mal neue Fährten finden.

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