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Hat Gott einen Plan für mich?

 

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Ein Beitrag geteilt von Kevin Crenshaw (@the.heart.guy)


Wir stehen vor der uralten Frage nach Prädestination (Vorherbestimmung), bloss in zeitgemässer Verpackung als sexy Meme. Gibt es einen für mich vorbestimmten Plan? Wie steht es dann um meine Freiheit?

Und: hat das eine überhaupt etwas mit dem andern zu tun? In meinem eigenen Erleben finde ich keine «entweder oder»-Lösung, sondern ein «sowohl als auch».

Wo ist mehr Leben?

Es gibt eine untrügerische Signatur des Lebens selbst, die sich unangestrengt anfühlt und stets zu mehr Leben führt. Meine Mentorin Kiran nennt das «delicious».

Sie führt als Beispiel an, wie sich ein Neugeborenes zum Baby entwickelt, weil das mehr Leben ist. Das Baby wird Kleinkind, weil das mehr Leben ist. Und so weiter und so fort, bis zum natürlichen Tod – es kommt der Punkt, an dem es mehr Leben ist, den aktuellen Körper zu verlassen und weiterzugehen.

In jedem Moment können wir im Körper spüren, was sich nach einem Ausatmen oder in einem zweiten, tieferen Schritt eben delicious anfühlt.

Eine Spur, der wir folgen können. Eine Spur, die dich sehr verlässlich zu Gutem führt. Im Nachhinein betrachtet kann diese Spur so aussehen, als würde sie einem Plan folgen, als wären die Dinge vorbestimmt gewesen.

Die gute alte Theodizee-Frage

Doch vielmehr, als dass da externe Parameter vorgesehen sind, ist es – meiner Erfahrung nach und aus der Perspektive der erlebten All-Einheit – das Gute, das vorgesehen ist. Das das Eigentliche ist. Wie genau das dann jeweils aussieht, das ist im Voraus nicht zu wissen.

Weshalb sind unsere Leben dann nicht einfach nur amazing und fantastisch? Weshalb gibt es Leid und das, was wir als das Böse bezeichnen?

Nun. In der Theologie nennt man dies die «Theodizee-Frage». Auch da finde ich nicht eine einfache Antwort. Also schon, aber sie ist nuancierter, als wir uns das gewohnt sind.

Simpel ist die Antwort im Sinn von: Die eigentliche Bewegung des Lebens, die eigentliche Bewegung Gottes ist wohlwollend, liebevoll, will stets nur das Beste, für alles Leben. Doch da kommt nun das «als auch» ins Spiel: Wir sind in jedem Moment frei und können wählen, wo unsere Aufmerksamkeit ist, wohin wir unsere Lebensenergie fliessen lassen.

Muster, Meinungen und Glaubenssätze

Aus dieser Freiheit ergeben sich gewisse Muster. Ich kann mich von Gott abwenden, kann mich gegen das Liebevolle, Wohlwollende entscheiden. In aller Unschuld natürlich, weil ich meine, «besser» sei anderswo.

So ähnlich verstehe ich die Geschichte vom Paradies, beziehungsweise jene Geschichte vom aus dem Paradies vertrieben werden. Ein simples Missverständnis darüber, wo Erfüllung zu finden ist. Sie ist stets da, jetzt, hier. Doch wie oft spielt uns da der Kopf einen Streich und meint «nenei, Erfolg / Erfüllung / was ich will is over there».

Über die verschiedenen Leben bilden sich so zimli hartnäckige Muster und Meinungen, Glaubenssätze, die nicht einfach so ruckzuck wegfallen. Muster und Meinungen, die diesen wohlwollenden Fluss verzerren und filtern. So dass es schwierig wird, ihn überhaupt wahrzunehmen oder zu spüren.

Wie bereits erwähnt, können wir diesen Fluss des Lebens im Körper wahrnehmen; der Körper ist und bleibt unser Portal. Simpel. Jedoch nicht ganz einfach, ist unsere Aufmerksamkeit doch grossmehrheitlich im Gedankenstrom festgerostet.

Auf meinem Instagramaccount @leelasyoga findest du meine zweiminütigen Videos mit kurzen Inputs, wie du einen Zugang zum Erleben im Körper finden kannst. Und live ausprobieren kannst du das am 9. März in meinem Workshop am RefLab-Festival «Expedition WIRklichkeit».

Die Furcht vor dem Unbekannten

Im Nachdenken über Prädestination kommt mir auch ein anderes Meme in den Sinn. Eins, auf dem ein Kind vis à vis von Jesus steht – das Kind klammert sich an seinem Teddybär fest und sagt: «nein, ich tausche meinen Teddy nicht», während Jesus seine Hand ausstreckt und mit der andern Hand einen gigantischen Teddy hinter dem Rücken versteckt. Ein Bild, das ich nur so kenne und für mich nicht mit anderen Geschichten oder Kontexten verknüpft ist.

Quelle: Pinterest, Illustrator:in unbekannt

Wir halten oftmals lieber am Bekannten fest, als dass wir den kleinen Teddy gegen das Unbekannte eintauschen – den riesengrossen Teddy. Da ist eine Furcht vor dem, was wir nicht wissen.

Oftmals sehen wir nicht, dass das Festhalten am Bekannten zu unserem Gefängnis wird, in das wir uns selbst einschliessen.

Wir halten die Tür quasi von innen zu und meinen, wir seien eingesperrt. Auch das geschieht in aller Unschuld.

Doch die Wahrheit bleibt: Wir sind frei und können jederzeit mit dem vollen Spektrum des Lebens spielen, mit allen Farben malen. Aus dem Vollen schöpfen. Es gibt keinen Grund, uns selbst und unsere Leben klein zu halten. Was auch immer das im Externen, in der Form dann heissen mag.

Erfüllung – ganz anders als gedacht

Über Weihnachten fuhr ich mit einer Freundin im Auto durch einen unglaublichen Sonnenaufgang und wir sprachen darüber, wie erfüllt unsere Leben sind – auch wenn sie von aussen gesehen nicht den Kriterien von Erfolg entsprechen.

Ein Freund von uns zum Beispiel hat keinen Job, lebt von Erspartem und lässt sich nicht von Ängsten dazu drängen, irgendeine Arbeit anzunehmen, sondern auf die für ihn richtige zu warten. Dabei ist er erfüllter als je zuvor.

Oder eine andere Freundin, die alleinerziehende Mutter ist, erkrankte an Krebs – und folgte auch in dieser Zeit der manchmal leisen, manchmal lauten Spur des Lebens selbst. Sie hat sich unglaublich schnell und gut von der Erkrankung erholt.

Und so scheint mir, doch, Gott hat einen Plan für mich: Sie will nur Gutes. Doch wie das genau aussieht, das kann im Voraus nicht gewusst werden. Manchmal entspricht es auch zu 0% dem, was wir gedacht hatten.

Sicher ist allerdings: Je mehr wir dieser Spur folgen, desto mehr ergibt sich Rückenwind in diese Richtung. In Richtung Erfüllung.

Anders gesagt: Wenn das Rinnsal auf den Fluss trifft, wird das Rinnsal von der Strömung des Flusses mitgerissen. Wir müssen es lediglich zulassen.

 

Foto: Unsplash

Podcast «Ausgeglaubt»: Metaphysische Kritik: Das Leid dieser Welt widerlegt die Existenz Gottes, Teil 1 und Teil 2

In der Serie «3 Minuten Theologie» fasst Manuel Schmid Kapitel aus seinem Buch «Gott hat keinen Plan für dein Leben» zusammen.

Podcast «Mindmaps»: Wie erklärt sich das Böse? mit Manuel Schmid und Heinz-Peter Hempelmann 

 

Foto von Jukan Tateisi auf Unsplash

11 Kommentare zu „Hat Gott einen Plan für mich?“

  1. Schicksal gibt es selbstverständlich. Erstens kommen wir nicht als „leeres Blatt“ auf die Welt, zweitens werden wir für uns unbewusst von den Eltern und der Umgebung geprägt mit dem Ziel, uns in die Gesellschaft einzuordnen. Erst, wo wir beginnen, selbst zu lernen, fangen wir an frei zu werden. Ich habe darüber viel erfahren und geschrieben: https://manfredreichelt.wordpress.com/2016/11/17/gibt-es-eine-fuehrung-im-leben/ , https://www.academia.edu/88153640/Gottes_verpasste_Chancen_ , https://www.academia.edu/44621183/Die_Widerlegung_kirchlicher_Pr%C3%A4destinationslehren , https://www.academia.edu/21116859/Sind_Reinkarnation_und_christlicher_Glaube_miteinander_vereinbar

  2. Dass Leben immer nach noch mehr Leben strebt, liegt in der Natur der Sache. Aber das ist eben nicht immer «delicious». Da gehören Schmerzen und der Tod unabdingbar dazu. Das ist der Preis fürs Streben nach mehr Leben. Schliesslich sind 99% aller Arten, die es gab auf Erden, wieder ausgestorben.
    Auch der Schweiss des Angesichts und die Schmerzen der Geburt gehören zur Menschwerdung dazu. Nicht alles, was wir als negativ empfinden, haben wir durch unsere Freiheit verschuldet. Krankheiten, Naturkatastrophen etc. gibt es einfach. Auch unsere Prägung und Sozialisierung können wir uns nicht aussuchen. Damit müssen wir leben. Und ich denke, unsere Aufgabe ist es, im Rückblick diesen roten Faden zu erkennen, den wir vorausschauend noch nicht sehen. Und dann sagen zu können: «Es war gut vorherbestimmt.»

    1. paradoxerweise (für den verstand / ego) schliesst „delicious“ weder tod noch schmerz noch sonstwas aus! die bewertung einer situation als „negativ“ kommt nicht vom leben selbst (oder von gott), sondern immer von „mir“. mega spannend, das zu beobachten finde ich. wie schnell ist da ein ich bereit, seine labels zu zücken und zu verteilen. was wäre, wenn die aufmerksamtkeit (bewusstsein) einfach wahrnimmt, was ist – ganz ohne diese labels?

  3. Das Schicksal arbeitet mit endloser Geduld, die dem Menschen immer wieder neue Möglichkeiten gibt, nicht gelerntes doch noch zu begreifen und Fehler zu kompensieren. Leben heisst Lernen, unabhängig davon, ob dies der einzelne akzeptiert oder nicht. Das Schicksal sorgt mit unbestechlicher Gerechtigkeit dafür, dass jeder genau das lernt, was er am wenigsten akzeptieren will und wogegen er den grössten Widerstand setzt.

  4. Liebe Leela
    Danke für deinen Blogbeitrag. Ich finde ihn sehr interessant, erkenne ich mich doch im meisten, was du schreibst – nur, du sagst es total anders, als ich es sagen würde.

    Bei der Frage, ob Gott einen Plan für mich hat oder nicht, ist für mich zunächst die Konsequenz eines allfälligen Ja oder Nein zu klären. Als Teenager dachte ich, wenn alles von Gott vorherbestimmt ist, dann spielt es ja keine Rolle, wie ich mich verhalte, ich kann ja nichts ändern und ich kann nichts dafür, dass es so ist. Mittlerweile weiss ich aus Erfahrung, dass ich gewisse Dinge beeinflussen kann, gewisse andere nicht. Und dass ich für meine Handlungen und Unterlassungen Verantwortung übernehmen muss, aber nicht für alles in der Welt. – Das ist dein „Sowohl als auch“.

    Wenn ich nun glaube, dass alles von Gott kommt, dass Gott allumfassend, allmächtig, etc. ist, dann spielt es für mich keine Rolle, ob Gott in der Situation spontan entscheidet oder ob er alles schon im Vornherein beschlossen hat. Meine Aufgabe ist es, das Leben zu leben. Dabei habe ich eine gewisse Mit- oder Selbstbestimmungsmöglichkeit. Du nennst es Freiheit.

    Für mich ist es eine Frage der Wahrnehmung: Was erlebe ich und wie erkläre ich es mir? Was glaube ich? Wie will ich es mir erklären? Ich beobachte bei mir selbst und bei andern immer wieder, dass es auch eine Frage des Willens und des Wunsches ist, welche Erklärung für mich die richtige ist.

    1. Merci fürs Teilen deiner Gedanken lieber David✨Ich lande schlussamänd glaubs an einem ganz ähnlichen Punkt wie du – entscheidend ist die Wahrnehmung, das Erleben von „Hier&Jetzt“…

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