Less noise – more conversation.

 Lesedauer: 3 Minuten

Muttersein: eine Unentschiedene

Mein Partner war ebenfalls ein Unentschiedener. Wenn bei mir das Pendel auf «Ja» schlug, schlug es bei ihm auf «Nein», und umgekehrt. Oder es stand gerade bei beiden auf «Nein». Wir schliefen bis in alle Puppen, frühstückten am Mittag, wanderten über die weissen Klippen von Cornwall und flogen am Wochenende mal eben schnell mit dem Rollkoffer nach Wien.

Wir trafen uns nach der Arbeit spontan im Pub, assen abends im Restaurant, wenn gerade nichts im Kühlschrank war oder wir keine Lust zum Kochen hatten, oder schrieben uns schnell eine SMS, wenn wir nach der Arbeit noch Impromptu mit Kollegen auf ein Bier oder ins Theater gingen. Wir stellten beim Znacht locker eine Flasche Wein weg, eher zwei, und feierten die besten Küchenparties.

Manchmal diskutierten wir die Kinderfrage und warteten darauf, dass das Pendel mal gleichzeitig auf «Ja» schlug. Was nie geschah.

Sich überreden lassen

Ich war 38 und gerade mal wieder im Ja-Vielleicht-Warum-Nicht-Modus. Mein Mann nicht. Inzwischen hatten wir immerhin standesamtlich zueinander «Ja» gesagt. Aber diesmal liess er sich überreden. Ein paar Wochen später starrten wir gemeinsam auf den blauen Strich im Fensterchen des Schwangerschaftstests.

Wir haben uns leicht panisch angeschaut, ohne wirklich zu verstehen, dass unser Leben nie mehr so sein würde wie bisher.

Wir haben ‹Windeln wechseln› gegoogelt und Secondhand-Babysachen gekauft. Das hat als der organisierte Part in unserer Beziehung vor allem mein Mann übernommen. Wir haben Hebammen aufgesucht, die Neuigkeiten verkündet und uns auf die Geburt vorbereitet. Letzteres war naturgemäss vor allem mein Part.

Ich habe nicht mehr getrunken und dafür Atemübungen gemacht (Neudeutsch: Hypno Birthing), bin spazieren statt joggen gegangen und um 20 Uhr erschöpft eingeschlafen. Wir haben die vielen gut gemeinten Tipps nach brauchbar und unbrauchbar aussortiert und in unserem Freundeskreis erfahrene, aber diskrete Eltern auserkoren, die wir für alle Fragen konsultierten.

Sich darauf freuen

Ich habe mir versucht vorzustellen, wie das ist, wenn im leeren Bettchen bald ein Baby liegt, und konnte es beim besten Willen nicht. Ich habe verstohlen in fremde Kinderwagen geschaut und unsere Zukunft in den strahlenden Augen der Neueltern reflektiert gesehen. Denn glücklich waren sie ja alle, oder?

Ich freute mich durchaus naiv auf den neuen Lebensabschnitt. Mein Mann war etwas realistischer, und ist denn auch sanfter gelandet.

Aber für die Mütter ist die Landung so oder so ungleich härter. Ich sah mich mit meinem Mann mit verliebten Blicken über das schlafende Kind gebeugt und wusste, ich würde das als Mutter ganz unkompliziert machen, nicht so wie die vielen Eltern, die ihren Tagesablauf den Schlafzeiten ihrer Kinder anpassen. Das neue Menschlein würde sich geschmeidig in unser Leben integrieren und wir mehr oder weniger so weiterleben wie bisher, nur mit einer dritten Person an Bord.

Ich hatte keine Ahnung, was da für eine Welle auf mich zukam.

Mehr zur Vorgeschichte in meinem Blogeintrag von Mai 2017, bevor ich Kinder hatte.

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