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Jörg Herrmann: Wie eine Pracht-Straße «arisch» wurde

«Aufarbeitung» ist ein großes und unbestimmtes Wort. Fassbarer und präziser wird es, wenn man konkrete Geschichten untersucht, zum Beispiel die Geschichte einer einzigen Straße und diese Haus für Haus abschreitet. Zum Beispiel den Neuen Wall in Hamburg. Wem haben in den 1920er und 1930er Jahren die herrlichen Häuser hier gehört, und welche Geschäfte wurden darin gemacht? Wie wurden die Eigentümer, von denen sich viele gar nicht als Juden verstanden haben, Schritt für Schritt entrechtet, um ihren Besitz und dann um ihr Leben gebracht? Und wem wurde nachträglich Gerechtigkeit zuteil? Die großen Fragen von Schuld und Wiedergutmachung bekommen so ein Gesicht.

Das Projekt «Neuer Wall» der evangelischen Akademie der Nordkirche unter der Leitung von Jörg Herrmann hat durch den Einsatz des Historikers und Journalisten Cord Aschenbrenner verstörende Geschichten zu Tage gebracht. Es gab aber auch Glücksmomente, wenn Nachfahren, von denen man nichts wusste, sich meldeten, oder wenn Informationen aus fernen Ländern geschickt wurden. Doch wiegen sie die Scham über das Unrecht in der NS-Diktatur nicht auf, auch nicht die Scham über den unwürdigen Umgang mit den Opfern nach dem Krieg. Umso wichtiger ist für die evangelische Akademie, hier Erinnerungsarbeit zu leisten und an die Geschichten und Namen der Entrechteten zu erinnern. Dazu hat sie mit ihren Recherchen einen Beitrag geleistet. Wird es ihr aber auch gelingen, eine angemessene Gedenktafel in dieser Straße des Luxuskonsums anzubringen?

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