Es ist schwierig, sich von diesem Lied nicht berühren zu lassen. «Amazing Grace» zählt zu den bekanntesten und emotionalsten Kirchenliedern überhaupt. Mahalia Jackson, Aretha Franklin, Janis Joplin, Elvis Presley, Johnny Cash, Rod Stewart, Céline Dion, Katie Melua und sogar (ach du Schreck) David Hasselhoff haben das Lied interpretiert – und natürlich gehört es auch zu den beliebtesten Songs von Gospelchören rund um den Globus.
Dabei hat der Song eine faszinierende und ungewöhnliche Geschichte: Sein Text wurde im 18. Jahrhundert ausgerechnet vom Kapitän eines Sklavenschiffes gedichtet. Unterwegs auf hoher See überlebte er mit seiner Crew einen furchtbaren Sturm und bekehrte sich aufgrund dieser Rettungserfahrung zum Christentum. Erst 30 Jahre später hat er sich allerdings vom Sklavenhandel abgewendet und ist – gewissermassen auf dem zweiten Bildungsweg – anglikanischer Priester geworden. Mit dem Lied «Amazing Grace» blickt Newton auf sein Leben zurück und fasst seinen geistlichen Weg in Worte.
Die Geschichte und der Inhalt dieses Liedes geben Manuel und Stephan genügend Futter für eine angeregte Diskussion über die Erfahrung der Gnade Gottes, über eine problematische Bekehrungsfrömmigkeit und bedenkliche Jenseitsvorstellungen, die auch in diesem Lied Einzug gefunden haben…
Eine Folge, über die ihr euch freuen könnt! 😉
Hier geht’s zur Spotify-Playlist dieser Staffel, auf der du alle besprochenen Lieder anhören kannst…
… und hier ist der Text zu «Amazing Grace»:
1.
Amazing grace, how sweet the sound,
That saved a wretch like me!
I once was lost, but now am found,
Was blind, but now I see.
2.
’Twas grace that taught my heart to fear,
And grace my fears relieved;
How precious did that grace appear,
The hour I first believed!
3.
Through many dangers, toils and snares,
I have already come;
’Twas grace that brought me safe thus far,
And grace will lead me home.
4.
The Lord has promised good to me,
His word my hope secures;
He will my shield and portion be,
As long as life endures.
5.
Yes, when this flesh and heart shall fail,
And mortal life shall cease;
I shall possess, within the veil,
A life of joy and peace.
6.
The earth shall soon dissolve like snow,
The sun forbear to shine;
But God, who call’d me here below,
Will be forever mine.
(7.)
When we’ve been there ten thousand years,
Bright shining as the sun,
We’ve no less days to sing God’s praise
Than when we’d first begun.
3 Gedanken zu „«Amazing Grace»“
Ich finde diese Staffel als Musiker besonders interessant und kann bei vielen Eurer Einschätzungen zur Lobpreismusik zustimmen – leider. Denn ich bin da selbst involviert und versuche schon lange Impulse reinzubringen von der Einseitigkeit wegzukommen, mit mäßigem Erfolg.
Diese Folge hat mir besonderes gut gefallen. Amazing Grace spiegelt viele Aspekte wieder, die ich genauso empfinde. So genau hatte ich das Lied aber noch nie betrachtet. Diesmal habt Ihr auch weniger kritische Anmerkungen und dann eher zum Schluss des Liedes.
Aber abgesehen von der Staffel und der Folge höre ich Euch einfach gerne zu. Das ist immer anregend, zuweilen lustig und vieles mehr.
Hi, hier gibt es so wenige Kommentare, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ihr beide so ziemlich alles abdeckt,was zu den Lieder zu sagen ist. Geschichte, wann es wo gesungen wird, theologische Aussagen … Und das unglaublich unterhaltsam und wertschätzend. Richtig toll!!!!!
Aber zu Amazing Grace…. diese sechste Strophe habe ich nie so sehr als Weltuntergangsszenario gesehen, sondern eher individualistisch. Wenn für einen einzelnen Menschen die Sonne verlöscht,. dann macht der Zuspruch ganz viel Sinn. Ich glaube auch im Gegensatz zu euch ((?) dass es doch noch immer jede Menge Menschen gibt, die sich eher als machtlos empfinden. Und z.B. machtlos gegen eine Krankheit, gegen Krieg, gegen Schicksalschläge usw. sind wir doch alle irgendwie.
Deshalb wäre ich echt traurig, diese geistliche und emotionale Hoffnung (wenn alles verlöscht oder zerschellt, alle mich verlassen und alles kaputt geht, Jesus wird für immer mein sein) gegen eine Verantwortung, zu handeln, auszuspielen. Das Wort ausspielen ist jetzt zu hart, aber mir fällt kein besseres ein.
Ich glaub, im Evangelium ist wirklich beides drin und kann gut nebeneinander stehen.
Es hat mich eher an die Aussage von Oh Haupt voll Blut und Wunden erinnert…”wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir.-” und die fandet ihr doch gut? 🙂
Liebe Grüße und danke für diese grandiose Staffel!
Eine historische Korrektur: John Newton war zu einer Zeit in den Sklavenhandel involviert, als es die USA noch gar nicht gab. Diese wurde erst 1776 gegründet. Treffender wäre es von europäischen Kolonien auf den amerikanischen Kontinenten zu sprechen. Es betrifft ja nicht allein Nord-, sondern auch Südamerika und die davor gelagerten karibischen Inseln.