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Kanzelkritik – feministische Transformation eines männlichen Kirchenmöbels

Was passiert, wenn zwei Frauen heute mit feministischen und postkolonialen Tools das System Predigt umwandeln? Thorsten und Andreas machen einen Zeitsprung in die Gegenwart und reden mit Sabrina Müller und Jasmine Suhner über deren druckfrisches Buch „Jenseits der Kanzel“. Eine inspirierende Stunde in angewandter feministischer Theologie.

Es geht um die Kanzel, die in ihrer langen Geschichte zu einem Ort und Symbol exklusiv-männlicher Kommunikations- und Deutungsmacht geworden ist. Jasmine und Sabrina sehen die Zeit reif für ein neues Kanzelbewusstsein und eine (m)achtsame Predigtkultur. Sie lernen dabei unter anderem von den flüssigen, geteilten und gemeinschaftlichen Formen religiöser Kommunikation in den sozialen Medien. Ihre Hoffnung setzen sie auf jene Geistkraft Gottes, die sich gerne mitteilt und andere ermächtigt.

Weiterführende Links: Transformative Homiletik – Jenseits der Kanzel

Sabrina Müller – Theologische Fakultät

Jasmine Suhner – Theologische Fakultät

13 Kommentare zu „Kanzelkritik – feministische Transformation eines männlichen Kirchenmöbels“

  1. Kathrin van Dijk

    Sehr reich und anregend, vielen Dank!
    Auch ich mag die weibliche deutsche Formulierung zu Ruach lieber und zucke immer etwas zusammen, wenn mein Lieblingstheologe und sein Kollege so konsequent bei ‚der Heilige Geist‘ bleiben. Vielleicht könnten die beiden in Zukunft ein bisschen mehr mit verschiedenen Formulierungen spielen und Bewegung rein lassen? Ich verstehe, dass ein Rüberschieben und Festlegen auf ‚ab jetzt Nur noch Gott als Mutter‘ nicht gewünscht und auch nicht sinnvoll ist.
    Mir fehlt dennoch etwas wenn die Trinität aus 3 ausschließlich mit ‚der‘ bezeichnet wird.
    Herzliche Grüße, Kathrin van Dijk

    1. Liebe Kathrin (wenn das „Du“ okay ist)
      danke für diesen charmanten Kommentar und die Ermutigung, mehr Sprachspiel reinzulassen. Das möchte ich auch. So habe ich etwa seit zwei bis drei Jahren eher vom ewigen Kind Gottes als dem Sohn Gottes gesprochen. Bei der Heiligen Geistin stolpere ich sprachlich immer wieder, verwende den Ausdruck aber trotzdem ab und an. „Weibliche Geistkraft“ bin ich auch noch unsicher, weil ich die „männlich“ – „weiblich“ Unterscheidung da auch nicht so hilfreich und überholt finde. Am liebsten würde ich der ruach ja den Namen „Sophia“ geben, aber das wird wohl ebenfalls kompliziert und erklärungsbedürftig. Ich finde solche Bücher wie das von Brigitte Romankiewicz – „Sophia kehrt zurück“ mehr als interessant. Du siehst, dass ich da noch auf der Suche bin. Wenn Du konkrete Vorschläge hast, dann halte Dich bitte nicht zurück und lass wissen.

      1. Kathrin van Dijk

        Hallo Andi (als zwei siegerländer Kinder können wir uns gern duzen, finde ich 😊),
        Ich benutze die Formulierung ‚die Geistkraft‘ am liebsten. Vielfalt erlebe ich grundsätzlich als hilfreich und bereichernd, also dürfen es für mich ruhig immer mal andere Bezeichnungen sein. Danke für den Buchtipp!
        Herzliche Grüße
        Kathrin

  2. Ich war immer wieder durch die unterschiedliche Tonqualität (Lautstärke, Deutlichkeit) abgelenkt. Schade, das Thema und die Gesprächsrunde sind ja wirklich interessant.

    1. Ja die Tonqualität ist trotz meiner Nachregelungen während der Aufnahme nicht so toll. Danke für den Hinweis und dass Du Dich trotzdem durchgehört hast. Wir werden das im Ohr behalten.

  3. Zur These von Andreas etwa ab 50′ des Podcasts, ich nenne es einmal „Geistwanderungen“, wage ich eine Übertragung oder Anwendung und hoffe, dass diese eine tiefergehende exegetischen Betrachtung verhebt und zwar in Verbindung mit Gal 3,28: „Da ist nicht Jude noch Grieche[1], da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau[2]; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus. (Röm 10,12; 1Kor 12,13; Eph 2,14; Kol 3,11)“: Wenn es der Gemeinde Gottes nicht gelingt diese „Gleichberechtigung“ von Mann und Frau, möglicherweise auch auf Grund „bestimmter Kanzel- und Kathederbesetzungen“, umzusetzen und zu leben, könnte es nach der These dann nicht sein, dass der heilige Geist begonnen hat diese Idee Gottes in der Gesellschaft umsetzt durch einen sich entwickelnden bestimmten „Zeitgeist“?
    Wir können ja, Andreas, in der nächsten denk:bar in Lörrach darüber diskutieren.
    Herzliche Grüße
    Karl-Heinz
    PS: Sorry Kathrin für die maskuline Nutzung.

    1. Danke, lieber Karl-Heinz, wie Du die „Geistwanderungen“ hier fasst und überträgst. Ein wenig verwegen ist es ja schon, wenn wir das Verhältnis zwischen Gottes Geist:in und Zeitgeist so positiv denken. Aber ich komme gerade bei den Themen Freiheit, Menschenwürde, Menschenrechte, Gleichberechtigung, Gleichstellung etc. nicht drum herum: Ohne die heilsame Allianz von Gottesgeist und Zeitgeist wären derartige Dynamiken und Entwicklungen nicht möglich gewesen. Da stellt sich die Frage, ob die einseitige Verteufelung des Zeitgeistes in manchen Gemeinden nicht damit zusammenhängt, dass es dort einen enormen Nachholbedarf hinsichtlich der genannten Herausforderungen gibt. Ja, wir werden das in der denk:bar in Lörrach Ende des Monats vertiefen, bin gespannt.

  4. Liebe Vier
    Vielen Dank für alle die wertvollen Gedanken, die sehr viel mit meinen eigenen Erfahrungen zu tun haben: die Frage, wie wir Ruach adäquat übersetzen können, ist ein Beispiel dafür. Mir ist die „Geistkraft“ zu anonym-abstrakt; im Moment bleibe ich am Liebsten bei der unübersetzbaren Ruach – ähnlich dem unübersetzbaren und unauassprechlichen Tetragramm. Wichtiger jedoch ist mir, dass Ruach in sich eine Transzendenz sichtbar macht, die mir entgegenkommt, die ich nicht in mir finden muss, von der ich vielmehr angesprochen werde. Ruach als Gegenüber – wie die ganze Trinität. Das Wechselspiel von Erfahrung und Deutung ist mir dabei besonders wertvoll. Die Referenzgrössen, an denen wir unsere Erfahrungen messen sind und bleiben für mich die biblischen Texte, die jedoch von der Patina jahrhundertealter Deutungsschemata befreit werden wollen: dann werden diese Texte neu zu Erfahrungstexten, die Leben gestalten helfen.
    Je länger ich mich als Erwachsenenbilderin mit Theologie befasst habe, desto mehr kam mir das Predigen irgendwie abhanden, weil genau dieses Wechselspiel von Erfahrungen und
    Deutungen darin fehlte. So begann ich, nach eigenen neuen Predigtformen zu suchen – wie schön, dass ihr dies nun zum Thema gemacht habt!

    1. Liebe Angela, dass Du als unsere Vorgängerin bei Fokus Theologie so tief mitgehst und uns kräftigen Rückenwind spendest, freut mich ungemein. Wenn das nicht ruach ist!
      Auch ich zögere bei „Geistkraft“, weil mir die biblische Geschichte der ruach vor Augen steht, die sich von einer anonymen Kraft zu einer mir Begegnenden, mich Anredenden, mich Leitenden entwickelt. Sie nimmt spürbar personale Züge an, vor allem, wenn sie mich vor und gegenüber Gott vertritt. Sie hat personalisierende Wirkung auf mich/in mir … muss sie da nicht etwas ähnliches wie Person sein, wenn auch ganz anders?
      Und danke für die vortreffliche Wendung „Patina jahrhundertealter Deutungsschemata“. Ich glaube, es kommt ja in unserem Podcast deutlich zum Vorschein, dass wir die feministische Theologie feiern, weil sie erneut freilegt, was für Trotz- und Befreiungskräfte in biblischen Texten bis heute liegen können.
      Schön, Dich an unserer Seite zu wissen und Dich hoffentlich bald mal wieder persönlich zu treffen.

  5. Burkhard Lücking

    Hallo zsamme , jetzt entschuldige ich mich zuerst, das ich ein tüüütscher bin, habe viel Zeit in der Romandie verbracht gelernt wie „Wir Deutschen“ unseren „Befehls und Festlegungston“ nicht bemerken. Ich studiere an der Uni Siegen ökumenisch Theologie mit großer Freude. Zur Vielsprachigkeit in der Predigt empfehle ich Bibliolog, das geht sogar im katholischen Gottesdienst. Zu Ruach mein Gedanke: wenn es eine Kraft ist dann ist es für mich so wie Schwerkraft oder elektromagnetische Kraft. Diese Kräfte sind durch ihr Feld im Raum vorhanden ob ich das „glaube“ oder nicht. Die „kleben“ nicht an einem Gegenstand.. bemerken kann ich oder auch messen die Wirkung. Als Mensch der einen Großteil seines Beruflebens im Musiktheater verbracht hat , da sind die „großen Fragen : Liebe, Tod und Leidenschaft“ ist mir beim Vergleich Kirche und Theater aufgefallen, dass z. B. In der Corona-Krise alle Orchester und Theater bemerkt haben, das die wichtigsten Mitspielenden, das Publikum fehlte… nur die Kirchen waren scheinbar begeistert wie viele mehr sie „ erreichen konnten“. Theatermenschen und Livemusiker haben spüren da etwas was viele Predigende anscheinend nicht wahrnehmen. Liebe Gästinnen, vielen Dank für das „Öffnen“ des Themas. Ich hoffe die Gedanken bleiben nicht -wie so oft beinTheologie- in gedruckten Bezahlseiten verborgen und mein „Schluss“ eine Beobachung zum Schluss der Folge:am Schluss kam so ein typischer Predigtschluss:ein Zitat das der Prediger mag, die meisten Zuhörenden aber nicht verstehen….
    Euch eine gesegnete Zeit Burkhard Lücking

  6. habe heute diesen wunderbaren Podcast gehört, als Spiel- und Clowntheologin, als feministische Theologin (der mind. 2. Generation :-))
    Baustellen, das nehme ich jetzt besonders mit. Experimentieren mit der liturgischen Sprache, o ja! Das trauen sich leider nicht sehr viele. Die Trinität von der ruah her verstehen und aufziehen. Was würde das weiter für die Rede von Gott bzw. für Gottesvorstellungen bedeuten?
    Darüber würde ich jetzt gerne im Anschluss mehr hören.

    Ein kleine Kritik: Mir waren eure, liebe Podcaster, Beiträge zu viel. Als hättet ihr auch zeigen wollen, dass ihr nicht nur das Buch gelesen habt, sondern auch sowieso schon einiges so denkt. Gut dass die Frauen immer betont haben, dass sie sich von euch verstanden gefühlt haben 😉

    Danke und schöne Grüße!

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