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Wenn die Seele leidet

Triggerwarnung: Die Inhalte können unangenehme Gefühle und Erinnerungen hervorrufen, negative Reaktionen auslösen. Bitte sei achtsam, wenn das bei dir der Fall sein könnte. Telefonische Unterstützung und Hilfe gibt es unter 143 Die Dargebotene Hand, dem Schweizer Sorgentelefon und für Kinder und Jugendliche unter 147. Des Weiteren findet ihr im Internet die psychiatrischen Notfallnummern der Krankenhäuser in eurer Umgebung.

Wir sprechen in dieser Folge über unsere persönlichen Erfahrungen und den Umgang mit Depressionen. Wir wollen damit einen Beitrag dazu leisten, dass psychische Erkrankungen weniger stigmatisiert werden. Wir sind jedoch keine Expert:innen und erheben keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit.

Seit 2021 liegt der Anteil an neuen Fällen von psychischer Erkrankung schweizweit bei jährlich rund 30 Prozent. Zwischen 2016 und 2020 waren es nur sechs Prozent. Von der Zunahme hauptsächlich betroffen sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Vor allem bei Mädchen und jungen Frauen nehmen die Spitaleinweisungen wegen Selbstverletzung oder Suizidversuchen stark zu. 

Generell sind in der Schweiz Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen weitverbreitet. Rund eine Million Menschen nehmen regelmässig Psychopharmaka. Die psychiatrische Versorgung, sowohl stationär als auch ambulant, läuft am Limit, und es mangelt an psychologisch geschultem Fachpersonal.

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5 Kommentare zu „Wenn die Seele leidet“

  1. Die Symptome einer Depression habe ich fast alle selbst so erlebt – ich hatte vor zwanzig Jahren nur keine Ahnung, wie ich die einordnen sollte. Dazu kam das Pech, dass niemand in meinem Umfeld da einen Zusammenhang erkannt hat, nicht einmal der Hausarzt. Familie, Ehemann, Freundinnen… hat das alle nicht interessiert. Ich war halt faul, schwierig, blöd. Mit letzter Kraft habe ich mir eine Therapie organisiert und war ebenfalls sehr erleichtert, eine Diagnose zu bekommen; damit konnte ich endlich arbeiten und Veränderungen anstossen. Es geht mir heute besser, aber wirklich gut ist es nie mehr geworden. Vielleicht auch deswegen, weil es das vorher nie richtig gut war.
    Mit den immer wiederkehrenden (auch längeren) schwierigen Phasen hadere ich bis heute. Die sind, wie ihr richtigerweise erwähnt, wahnsinnig anstrengend, und man muss immer aufpassen, dass man nicht ins reine Funktionieren bis zum Zusammenbruch abrutscht. Wenn es trotzdem passiert und ich merke, dass ich ungebremst in die graue Ödnis zurückfalle, sind Angst- und Schuldgefühle und eine grosse Hilflosigkeit sofort wieder präsent. Das zehrt unglaublich an der Substanz.
    Ich gehe offen mit der Krankheit um, denn die Leute sollen wissen, warum ich oft mutlos, antriebslos, kraftlos bin, und mich nicht aus Unwissenheit als schräg abstempeln können. Wenn sie es trotzdem tun, passiert das dann wenigstens relativ rasch. Mit dieser Strategie fahre ich bis jetzt recht gut.
    Sich aber wirksame Unterstützung zu holen finde ich je länger je schwieriger, weil Therapieplätze (und passende Therapeut:innen) rar sind und mein privates Umfeld genug eigene Sorgen hat. Zu merken, dass man bei aller Sympathie im Grunde eben doch bloss eine Belastung ist – ganz, ganz schwierig. Obwohl ich es verstehen kann; es braucht sehr viel Liebe und Kraft, um kranke Menschen auszuhalten und ihnen beizustehen, und längst nicht alle Familien oder Freund:innen vermögen das zu leisten.
    Rückhalt finde ich seit einigen Jahren in der Seelsorge; da hatte ich das Glück, gleich zwei Mal auf jemanden zu treffen, der nichts von „Kraft aus der Krise“ faselt und theologische Plattitüden von sich gibt, sondern zuhört und mit mir kleine Stege durch den Sumpf baut. In diesem Setting bekomme ich, für eine Weile wenigstens, Zugewandtheit, Sicherheit, Geborgenheit. Ich erwähne es, weil wir m. E. häufig noch denken, professionelle Zuwendung sei weniger wert oder wirksamer als private oder irgendwie peinlich.
    Ich glaube, wir müssen noch lange und oft über psychische Erkrankungen sprechen, damit hoffentlich weniger Menschen einsam und verloren zurückbleiben, weil sie nicht wissen oder fassen können, dass es tatsächlich Wege aus der Depression gibt; nicht zurück in eine paradiesische (?) Vergangenheit, aber vorwärts in ein Leben, dass selbst ohne vollständige Heilung durchaus noch seine Schönheit hat.
    In diesem Sinne danke für diesen Podcast.

  2. Vielen Dank für diesen wichtigen und offenen Beitrag! Ein Thema, dass mich in der Seelsorge- als Seelsorger, und in deren Ausbildung- aber auch im privaten Umfeld stark beschäftigt; gerade die Pfarrschaft ist zum Beispiel stark Burnout gefährdet.
    Leider ist unsere mittelständische, bürgerliche Gesellschaft und da leider auch unsere Kirche gnadenlos: jemand mit der Diagnose Depression oder Burnout gilt fortan als nicht mehr belastbar, irgendwie als „beschädigt“; in dieversen Bewerbungsgesprächen und auch in Pfarrwahlkommissionen ist mir das leider schon diverse Male begegnet: es wurden Kandidaten und Kandidatinen mit solchen Krankheitensgeschichten einfach „abgeschossen“- da konnte ich noch so mit Nächstenliebe und Gnade usw. Dagegenhalten… diese Gnadenlosigkeit innerhalb unserer Kirche beschäftigt mich schon sehr…

    1. Herzlichen Dank, Roland. Ja, das stimmt. Es ist aber auch Teil des „emanzipatorischen Prozesses“, sich nicht ausschliesslich von externen Leistungsvorgaben leiten zu lassen. Und Ziel sollte sein, die subjektiv-„richtige“ Arbeit zu finden, die nicht nur Kraft raubt, sondern auch Energie schenkt. Leichter gesagt, als umgesetzt. Liebe Grüsse, Luca

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