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Tim LaHaye & Jerry B. Jenkins: Das Finale

Ok, heute haben wir beide gelitten. Der Bestseller «Das Finale» (auf Englisch «Left Behind») aus dem Jahr 1995 hat es uns aber auch nicht leicht gemacht. Das Buch (das in den Folgejahren zur 16-teiligen Buchreihe angeschwollen ist) erzählt die Folgegeschichte der sog. «Entrückung». Damit ist ein apokalyptisches Ereignis gemeint, das nach Auffassung vieler evangelikaler Christen in der «Endzeit» auf uns wartet: Alle wahrhaft Gläubigen werden dann in einem einzigen Augenblick vom Erdboden verschwinden – und den ungläubigen Rest der Menschheit für die «grosse Trübsal» zurücklassen. Eine neue, widergöttliche Weltordnung wird dann aufgerichtet, und der Antichrist kommt an die Macht und zieht die Weltbevölkerung in seinen Bann…

Manuel und Stephan sind sich schnell einig, dass mit diesem Buch so ziemlich nichts stimmt. Besonders übel stösst der unverhohlene Eskapismus auf: Christen werden in himmlische Sphären entrückt, während der Rest der Welt an den A… geht. Das lässt sich biblisch in keiner Weise rechtfertigen und ist auch theologisch hochproblematisch. Sollten wir uns als Christinnen und Christen nicht vielmehr fragen, wie wir diese diesseitige Welt für alle (!) Menschen zu einem besseren Ort machen könnten? Ein spannendes, humorvolles und stellenweise sicher auch etwas zynisches Gespräch ist euch sicher…

Und schliesslich wollen wir euch auch das unübertrefflich klare Fazit, das der Theologe Jürgen Moltmann aus der Lektüre des Buches zieht, nicht vorenthalten:

«Die Zukunft Christi findet auf Erden statt, nicht im Himmel. Es wäre also besser, die Glaubenden blieben der Erde auch in Katastrophen treu und würden sich nicht ins Jenseits flüchten. Der fromme Entrückungstraum dagegen enthält eine Resignation, die diese Erde der Vernichtung preisgibt. Wer in seinem Glauben andere ‚zurücklässt‘, verlässt sie. Das kann weder eine gesegnete Hoffnung sein, noch etwas mit Liebe zu tun haben. Schließlich: Ein Gott, der nur darauf wartet, christliche Besatzungen aus ihren Flugzeugen zu ‚entrücken‘, damit diese abstürzen und Tausende Menschen getötet werden, kann kein Gott sein, dem man vertrauen kann. Das ist eher der üble Abgott einer krankhaften Weltverachtung.»
(aus: Jürgen Moltmann, Die Endzeit hat begonnen, Die Zeit, Nr. 51, 2002)

9 Kommentare zu „Tim LaHaye & Jerry B. Jenkins: Das Finale“

  1. Als junger Teenager habe ich auch das auch mal „erlebt“. Niemand war zu Hause und ich dachte: „sh**, sie sind entrückt und ich bin noch da“. 😂
    Darüber kann ich nur noch schmunzeln und den Kopf schütteln . Doch, dazumal war das für mich sehr schlimm.
    Ich finde es wirklich schrecklich, dass man junge Menschen solche Überzeugungen weitergibt und auch mit Angstmacherei. Dazu gaben sie noch den Vers: Offenbarung 3,16.
    Bist du lau? Oder brennst du schon für Jesus. Nur dann wirst du erretet.

  2. Danke, für den Podcast!

    Mein Frau und ich haben „damals“ jedes Finale Buch mit Begeisterung und relativ unkritisch gelesen und fast nichts hinterfragt.
    Heute denke ich, es sind gute Bücher, wenn der Tisch wackelt oder vielleicht, wenn nichts anderes da ist, zum Heizen (Das ist jetzt vieleicht etwas hart 😉 )
    Tatsächlich haben wir sie vor ein paar Jahren der Entsorgung zugeführt.

    Der Podcast hat bei mir jetzt dazu geführt jetzt noch einmal neu über das Thema „Entrückung“ nachzudenken und zu hinterfragen.

    Thomas

  3. Ich habe das erste Buch von das Finale als Kind mit 10 bis 13 Jahren schon gelesen.

    Die Entrückung hat bei uns in der Familie und Gemeinde zwar keine Rolle gespielt. Aber durch dieses Buch hatte ich riesen Ängste entwickelt, eben der allein zurückgelassene zu sein, weil ich nicht „gut genug“ geglaubt habe. Im Glauben daran, dass die Bibel ja wortwörtlich Gottes wahres Wort ist, war das Finale Buch, nur eine verständlichere Erklärung der Offenbarung aus der Bibel. Zu Silvester im Jahr 2000 war ich heilfroh, dass auch nach dem Jahreswechsel die Entrückung oder das Weltende nicht eingetreten ist.

    Das Buch hatte mir jemand geschenkt, und für meine Eltern war jegliche christliche Literatur gut und alles unchristliche (wie Harry Potter usw.) verboten. Eigentlich bin ich nur „normal“ evangelisch ausgewachsen, aber schon sehr bibelfundamentalistisch und in einer Art Leistungschristentum, aus heutiger Sicht alles zu eng für mich. Ich glaube, das jegliche nicht christliche Fantasy-Literatur weniger Schaden anrichtet, auch wenn es darin mal gruselig oder brutal zugeht, denn da weiß man auch als Kind schon, dass das ja nur eine Geschichte ist.

    Besonders schockierend fand ich in eurem Podcast, dass es die Finale Serie sogar nochmal speziell für Kinder gibt, das ist übel!

    Ich will theologisch nicht mal beurteilen, ob und wie ein Weltende eintreten könnte, ich denke eher, dass Jesus oder der Himmel in unsere Herzen kommt oder dort schon ist. Aber selbst wenn die Apokalypse käme, ist es falsch, Kindern so etwas zu lesen zu geben, das ist eine Katastrophe für die kindliche Psyche.

  4. Tatsächlich war ich „damals“ auch von den Romanen begeistert. In der Gemeinde bekam man ja die dazu passende „Theologie“ vermittelt. Rückblickend verwundern mich einige Punkte: obwohl ich immer schon ein Zweifler war, hat mir diese Endzeitvorstellung nie Angst gemacht. War es jenseits alles fragwürdigen Theologie letztenendes doch „echtes“ Gottvertrauen, dass ich sicher war, entweder entrückt zu werden oder dann eben in der „Trübsalszeit“ eben besonders von Gott gebraucht zu werden? Denn auch dazu liefern die Romane ja entsprechende „Rolemodel“ – sicher, wer sollten denn sonst die positiven Charaktere der Romane sein!?!?
    Das zweite, dass mich verwundert, warum mich das hier: „Ein Gott, der nur darauf wartet, christliche Besatzungen aus ihren Flugzeugen zu ‚entrücken‘, damit diese abstürzen und Tausende Menschen getötet werden, kann kein Gott sein, dem man vertrauen kann.“ nicht irritiert hat… ? Vielleicht war es ja klar, dass all die „Verlorenen“ diese „Strafe Gottes“ ja verdient hatten?
    Manchmal frag ich mich noch, ob es nicht vielleicht doch so ist, dass Gott eben nicht der immer liebende Gott ist, schließlich fallen einem Verse ein, wie Hebraeer 10,31 „Schrecklich ist’s, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“ … Große Baustelle, immer noch …

  5. Selten bei einer Folge so gelacht, obwohl ich vorher etwas Bedenken wegen Triggern hatte (die Entrückungsängste kenne ich auch gut)… Ihr habt ein eher trauriges Thema in einen unterhaltsamen Talk verwandelt. Chapeau!
    Sehr gute Gedanken und das Moltmann-Zitat, was alles wunderbar zusammenfasst (er ist halt schon ziemlich gut!), runde Sache.
    Was ich an der Entrückung nie so ganz verstanden habe ist, warum Gott den Seinen auf halber Strecke entgegen kommen sollte, das ergibt überhaupt keinen Sinn. Wenn Gott seine Auserwählten bei sich haben wollte, bräuchte sie ja nur zu schnippen und alle wären da… Mal ganz abgesehen davon, dass in der gesamten Kirchengeschichte kein Mensch so einen Schwachsinn geglaubt hat.
    Übrigens wurde, wenn ich mich recht erinnere, das Dallas Theological Seminary mit dem Ziel gegründet, dem Dispensationalismus nachträglich eine theologische Rechtfertigung oder zumindest den Anschein von theologischem Gehalt zu verpassen…
    Aber wozu sich mit Kirchengeschichte oder gar Theologie beschäftigen, wenn man viertklassige Romane schreiben kann…

  6. Die Reihe müsste auf Deutsch um 1988 – 90 erschienen sein : kann mich vage erinnern. Ich war noch sehr jung, fand es aber inhaltlich nicht erschreckend, eher völlig normal . Es war nur ein sehr komisches Gefühl, unsere Überzeugung, die doch dem Rest der Welt unbekannt sein sollte, plötzlich als Thema eines Thrillers wiederzufinden. Heute tut es mir weh , wenn ich daran denke , dass liebe Menschen diese Vorstellungen ganz tief als biblische Wahrheit verinnerlicht haben und kaum hinterfragen . Wertvoller und informativer Talk, es tut immer gut, über christliche Zukuntshoffnung zu hören .

  7. Ausgezeichneter podcasts mit klaren Worten zu dieser abgedrehten Literatur. Hier nur zwei kleine «Aber»: Ich fände es schade, wenn alle Christen, die an die «Entrückung» glauben, als so abgedreht stigmatisiert würden wie diese Literatur daherkommt. Zum Glück tut der podcast dies auch nicht, aber «Entrückungs-Gläubige» werden auch nicht gerade aufs Ehrenpodest gehoben.
    Und dann gebe ich gerne zu: Wenn ich mir vorstelle, dass Gott tatenlos zuschaut, wie gegenwärtig wieder ganze Städte vernichtet werden, Millionen von Menschen in die Flucht getrieben, verwundet oder getötet werden, bewirkt das in mir eine grössere Glaubenserschütterung als wenn ich gezwungen würde, an so etwas wie eine «Entrückung» zu glauben. Dies wäre dann immerhin ein aktives, energisches Eingreifen Gottes – nicht um die «wahrhaft Gläubigen in himmlische Sphären zu entrücken», sondern um mit ihnen – hier auf diesem Planeten – eine neue, bessere Welt zu schaffen. So jedenfalls deute ich diese ominöse Stelle im Thessalonicherbrief.

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