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Special (Teil 3): Kann es je zu viel Freiheit geben?

Zu Beginn erzählt Manuel von der Überforderung, als junger Vater mitten im eng getakteten Familienalltag einen freien Samstag sinnvoll zu gestalten… Das Erlebnis führt zur Diskussion des Verhältnisses von negativer und positiver Freiheit: Ist es so, wie die These der Jungs von Glaube und Gesellschaft behauptet, dass wir in der Spätmoderne zwar viele negative Freiheiten errungen haben (Freiheit von äusseren Einschränkungen und Zwängen), aber unsere positiven Freiheiten nicht zu verwirklichen wissen, weil wir mit von Optionen des Lebens paralysiert sind?

Stephan stellt die Gegenthese auf: Man kann gar nie zu viele negative Freiheiten haben, weil die negativen Freiheiten immer erst im Namen positiver Freiheiten erkämpft werden – sprich: Menschen mit positiven Vorstellungen der selbstbestimmten Lebens stossen sich an gesellschaftlichen und politischen Einschränkungen und arbeiten auf deren Beseitigung hin… Aber gibt es nicht doch das Phänomen, dass Angehörige der Multioptionsgesellschaft überfordert sind, ihr Leben inmitten all der Möglichkeiten in der Wahl von Beruf, Religion, Lebensstil, Werte usw.?

Stoff für angeregte Diskussionen…!

6 Gedanken zu „Special (Teil 3): Kann es je zu viel Freiheit geben?“

  1. Lieber Manu,
    lieber Stephan,
    Freiheit an praktischen Beispielen erläutert – das schien spannend zu werden. Endete aber doch wieder in einer sehr theoretischen Diskussion. Nicht das ist das nicht auch interessant fände, aber in der Schule würde man „Aufgabe nicht erfüllt“ unter solch einem Gespräch lesen.
    Besonders irritiert hat mich der sehr versachlichte Ansatz von Manu, insbesondere dass beziehungsrelevante Entscheidungen auf einer theoretischen Ebene gefällt werden/wurden. Das klang sehr lebensfern.
    Auch wenn ich dem Ansatz von Stephan in dem Zusammenhang mehr abgewinnen kann, wäre mir die Formulierung „etwas muss mir widerfahren“ zu emotionslos, um daraus einen „call-to-action“ ableiten zu können. Es ist imho nicht das Widerfahren, sondern viel mehr das Ergriffen sein von etwas, das Handlungen nach sich zieht.
    Dass ein Bauer in früherer Zeit und ohne Bildungshintergrund nicht etwas anderes denken kann, als Bauer zu sein, dem stimme ich nur eingeschränkt zu. Bestes Beispiel ist Franz Gsellmann https://de.wikipedia.org/wiki/Weltmaschine_des_Franz_Gsellmann
    Schon Max Frisch postulierte das Leben als eine Allgegenwart alles Möglichen. Die schier grenzenlose Entscheidungsfreiheit ist nicht so sehr nur Postmoderne. Und sie ist ja auch weitaus eingegrenzter als propagiert. Kann ein Kind reicher, sehr reicher Eltern sich dazu entscheiden arm zu sein? Fehlt da nicht die in der Sozialisierung erlebte Armut. Ein Praxisbeispiel: Meine Schwiegermutter lebt als Witwe allein in ihrem Haushalt. Ihr mannshoher Kühlschrank ist immer randvoll gefüllt, obwohl sie selbst kaum etwas isst. Erlebter Hunger in Kriegszeiten hat sich tief eingeprägt, bis in die Jetztzeit.
    Ich befürchte, nicht Jede/r kann alles sein oder werden. Aber in freiheitlichen Staaten kann Jede/r eher sein, was sie/er ist.
    Ich glaube nicht, dass ein zu viel an Freiheit zu Orientierungslosigkeit führt. Die gab es imho schon immer. So wie es schon immer Menschen gab, die aus den gewohnten Entscheidungsstrukturen – die Eltern waren Lehrer, also werden die Kinder auch Lehrer (ersetze Lehrer mit jedem x-beliebigen Beruf) – ausgebrochen sind.
    Das scheinbare mehr an Entscheidungsmöglichkeiten erfordert ein mehr an Entscheidungsarbeit. Aber entscheiden musste man sich schon immer.

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    • Danke Sven für die ausführliche und kritische Rückmeldung – ich gebe dir gerne recht: Wir haben praktische Beispiele angekündigt, und sind dann doch nicht richtig dazu gekommen… Aus diesem Grund haben wir dann noch eine vierte Folge aufgenommen, die nächste Woche kommt. Dass ich mich für eine theoretische Abhandlung von Beziehungsproblematiken aussprechen würde: das hab ich aber so nicht in Erinnerung.

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      • Hi ihr beiden,
        super Folge. Ich habe mich als Mama von zwei Kindern gut wiederentdeckt und musste so lachen über das entspannte Zeitunglesen mit Kleinkind im Café!!
        Danke für euren Input und eure Selbstironie.
        Habe von eurem Podcast schon viele gute Gedanken und Stoff zum Nachdenken mitgenommen.
        Liebe Grüße,
        Doro

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  2. Interessantes Gespräch!
    Tatsächlich finde ich auch, dass dieser Möglichkeitsraum Menschen überfordern kann (auch mich!). Aber es fordert eben auch heraus, sich Gedanken zu machen: welche Werte habe ich und wie will ich die leben…
    Auf diese Freiheit will ich nicht verzichten!
    Mir hat wirklich passend dazu der Podcast von Geist Zeit mit Kirstine Fratz sehr gefallen!
    Sie erzählt dort (als Zeitgeist Forscherin) vom „leeren Feld der Sehnsucht“ und von Entwicklungsgroßzügigkeit.
    Klare Hörempfehlung an dieser Stelle!
    Lg
    Gudrun

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  3. War mir auch etwas zu theoretisch und gerade auch die großen Fragen nach Glück, Spiritualität oder auch Kindererziehung, sind doch nicht einfach ein „da fühle ich mich zu hingezogen“ (mir widerfährt etwas), sondern eben ein „ich werde glücklich beim Sport machen“ und dann muss ich mir den für mich passenden Sport suchen und vor 40 Jahren gab es 3 Vereine vor Ort (weiter weg kam nicht in Frage) und die habe ich ausprobiert und man blieb bei einem hängen und heute sind 100 verschiedene Sportarten und -vereine erreichbar und ich könnte sie natürlich alle ausprobieren, um festzustellen, wo es mich hinzieht, aber das könnte dauern…das gleiche gilt für meine Suche nach Kirche, Gott , Religion, genauso bei Kindererziehung, da muß ich Stefan wiedersprechen, das ergibt sich nicht einfach aus der Beziehung (deswegen gibt es ja Hunderte von Ratgebern oder Erziehungskonzepten), sondern ich suche mir da Rat, was gut sein könnte und ich entscheide dann nach Verstand und oder Intuition genauso wie auch nach der Situation…in dem Sinne ist der Supermarkt der Möglichkeiten Realität…
    LG Det

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