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Schöpferische KI: Wo bleibt der Mensch?

Der originale Prompt lautet: «Describe God’s creation of humanity in His own image (Imago Dei) in a realistic style with futurist elements, along with the animals and plants, in a world where the boundaries between humanity, technology, and nature blur. Imagine a future where these creations coexist in a harmonious, yet technologically advanced, environment.»

Smarter Designer

Die KI hat Manuel den Schöpfergott in Teil eins unserer Blogserie als harten Arbeiter offenbart, Obdachlosen vielleicht sogar: das Gesicht des Alten voller Schlammspritzer, das Kreieren von Himmel und Erde Knochenarbeit. Die Maschine hat die «true-to-life colors» aus dem Prompt wörtlich genommen.

Der Gratis-Bildgenerator «Playground» zeigt mir eine andere Facette: der Schöpfergott als Designer, Hipster und nicht-binäre Figur. Der oder die Schöpfer:in sieht aus, als wäre er oder sie direkt vom Friseur gekommen. Der Bart könnte Jesus‘ Bart sein. Durch das metallen schimmernde Top zeichnen sich Brüste ab. Blumentöpfe mit Grünpflanzen verraten einen grünen Daumen.

Der smarte Entwickler befindet sich in einer hellen Raumkapsel auf einem gepolsterten Designerstuhl. Er könnte sich zurücklehnen, sitzt aber aufrecht.

Fertiges neben Halberschaffenem

Der oder die Schöpfer:in scheint von der schöpferischen Arbeit auf einem silbernen Laptop vollkommen absorbiert zu sein.

Verschiedene Baumsorten sind bereits erschaffen. Felsen im Hintergrund wirken aber noch etwas schematisch. Wolken sind grün und durch die Luft schwirrt halb Fertiges, Biologisches neben Technoidem.

Ich habe die KI mit meinem Prompt zugegebenermassen in verschiedene Richtungen «genudged» – und Möglichkeiten des Mediums Bild ausgereizt, Verschiedenes gleichzeitig zu zeigen.

  • Ich wollte die Schöpfung der Menschheit nach Gottes Ebenbild (Imago Dei) sehen, aber auch der Tiere und Pflanzen.
  • Ich wollte den primordialen Akt und zugleich die Zukunft, also die Schöpfung als fortgesetzten Prozess (creatio continua).
  • Und ich wollte neben der Natur auch Technik als Produkt von Schöpfung sehen.

Die KI hat die zugespielten Bälle alle aufgegriffen. Nur wo ist der Mensch? Wo sind Eva und Adam?

Auf dem Designertisch in der Raumkapsel hockt vor Gott – oder beugt sich – ein Äffchen. Es ist in der Szene das einzige direkte Gegenüber Gottes. Wird dieses Wesen in dem Augenblick, den wir sehen, gerade von Gott erschaffen?

Oh Mensch!

Wurde der Mensch vergessen? Oder ist nach Auffassung der KI gar das Äffchen der Mensch?

Nach wessen Ebenbild wird in dem Bild der Mensch von Gott erschaffen? Eine beunruhigende Frage.

Aus evolutionsbiologischer Sicht liegt der Algorithmus, der nicht Wahrheit, aber Wahrscheinlichkeiten ermittelt, wohl nicht einmal so falsch. Mit unseren evolutionären Vettern, den Schimpansen, teilen wir etwa 99 Prozent unserer DNA. Ein ontologischer Bruch der Evolutionskette ist hier also nicht erkennbar.

Auch in unserem Verhalten sind wir Menschen Nichtmenschen sehr viel ähnlicher als lange Zeit angenommen. Emotionen und nicht einmal Moral scheinen auf unsere Spezies beschränkt zu sein.

Nun haben wir es auch noch mit einem Szenario uns womöglich bald haushoch überragender KI zu tun. Alles potenziell narzisstische Kränkungen.

Und zugleich auch Angriffe auf die klassische theologische Anthropologie mit dem Menschen als exklusivem göttlichen Ebenbild. Und mehr noch: auch auf die eng damit zusammenhängende Christologie und Eschatologie.

Theologie – spannend wie nie!

Theologen setzen sich mit solchen grundsätzlichen Problemen nicht erst seit dem Auftauchen der KI auseinander. Sie haben verschiedene Lösungsansätze ausgearbeitet. Für eine ökologisch ausgerichtete Theologie etwa liegt ein facettenreiches Bild Gottes, das auch pflanzliche und tierische Aspekte einschliesst, im Bereich des Denkmöglichen.

«We cannot be sure that God does not see us through animal eyes.» (E. D. Meyer)

Der Algorithmus, der den Hipstergott ausspuckte oder aus-spukte, erwies sich in diesem Punkt enttäuschend einfallslos. Er zeigt Gott mit menschlichem hellhäutigen männlichen Antlitz.

Allerdings kann der Verdacht aufkommen, dass der Gott der KI, der auf dem Computer mittels Algorithmen Welten und Wesen erschafft, ebenfalls ein Algorithmus ist; einer, der sich zudem gerade auch selbst erschafft. Die Füsse oder Schuhe des Schöpfers wirken noch ziemlich unfertig.

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