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Ronald Dworkin: Religion ohne Gott

Mit dieser Folge von «Ausgeglaubt» haben wir uns in die analoge Öffentlichkeit gewagt: Die Aufnahme ist an einem Live-Anlass im Studentencafé «Hirschli» entstanden, mit einem engagierten Publikum im Hintergrund.

Stephan und Manuel diskutieren über das Buch des atheistischen Rechtsphilosophen Ronald Dworkin «Religion ohne Gott». Dworkin entwirft ein faszinierendes Programm einer atheistischen Religiosität, welche mit den Gottesgläubigen zentrale Werte teilt, aber eben auf den Gottesbegriff verzichtet. Gerade auf dem Hintergrund des letzten Gesprächs über den Religionsverächter Richard Dawkins setzt diese Folge einen spannenden Kontrapunkt.

Im Blick auf die Begründbarkeit universaler ethischer Normen werden sich Stephan und Manuel gar nicht einig – wie es doch noch zu einem versöhnlichen Ende kommt, könnt ihr selber nachhören… 😉

7 Kommentare zu „Ronald Dworkin: Religion ohne Gott“

  1. Wie schöööön ist das denn?!

    Jeder Satz, jedes Wort, jeder Buchstabe ein Bonmot.

    Großes Theater.

    I feel free. Und ich versteh‘ mich.

    Danke euch.

  2. Manuel wurde beim Thema, ob Werte unabhängig von Kultur gelten oder nicht, nach einem Beispiel gefragt. Die einfachste Antwort scheint für mich im Bereich der Sexualität zu liegen: Ist z.B. Homosexualität okay oder ist es religiös gesprochen eine Sünde? Da würde es doch kulturell und geschichtlich gesehen unterschiedliche Antworten geben, nicht, Stephan? So, da hast du dein Beispiel 🙂

    1. Christlicher Westen, islamischer Osten, China, Russland und Indien. Das sind ja schonmal fünf fundamental unterschiedliche Welten. Natürlich können wir sagen, dass es immer falsch ist zu töten. Trotzdem gibt es fast überall außerhalb Europas die Todesstrafe. Wir können natürlich sagen, dass das falsch ist. Wenn 90% der Menschheit aber für die Todesstrafe ist, dann kann ich zwar behaupten, dass das falsch ist und ich damit einen universalen Wert vertreten. Das tun die anderen 90% aber auch. Also das mit den universalen Werten funktioniert wohl gut im Nachhinein. Als die Menschen Hexen verbrannt haben, war das ja wohl auch gesellschaftlicher Konsens. Mal sehen was die Leute in 300 Jahren über uns sagen werden.

  3. … oder würdest du behaupten wollen, dass Menschen aller Kulturen und Zeiten im innersten eigentlich immer der Meinung waren, dass Homosexualität eigentlich nicht okay ist?

  4. Ethik MUSS eine übersinnliche Grundlage haben, wenn sie nicht vergehen soll. Ethik schwebt nicht im luftleeren Raum. Wirklich ethisch wird man erst, wenn der Mensch seine Existenzangst endgültig verliert. Die KANN er aber nicht verlieren, solange er sich mit seinem physischen Leib, der ausgespannt ist zwischen Geburt und Tod identifiziert.

  5. Grosse Wortakrobatik! Toll gemacht! Die Diskussion um die Universalität von Werten hat mich zurück ins Studium versetzt. Danke!
    …hier vielleicht noch einen Verweis auf C.G. Jung und Jan Assmann mit der Idee des kollektiven Unterbewusstseins, dass diese Werte ebenso von Generation zu Genration weiter „vererbt“.
    Den Gedanken von Dworkin finde ich doch sehr treffend und bedenkenswert: Religion ohne Gott bzw. Religiosität ohne persönlichen Gottesbezug; ich denke, dass das nicht nur ein gangbarer Weg ist, sondern dass das schon unbewusst und bewusst sehr häufig gelebt wird; Gerade bei uns in der Landeskirche: Viele meiner Gemeindemitglieder und auch sogar KirchenpflegerInnen haben mir eigentlich genau das so berichtet: „Ich staune über die Schöpfung, das Universum, die Welt und erlebe sogar im Gottesdienst „religiöse“ Ergriffenheit und fühle mich von „guten Mächten“ getragen… von einem persönlichen Gott erfahre ich aber nichts… und Jesus als Gottessohn hilft mir da auch wenig…“
    Könnten es sein, dass die These von Dworkin mehr „Wahres“ an sich hat, als wir selber- gerade in der Landeskirche oder der liberalen Gesellschaft- zu geben wollen? Und ist sie eben- wie Stephan treffend bemerkt- eigentlich nur die Idee von Schleiermacher in einem modernen Gewand, aber gerade deshalb eben so treffend?

  6. Sehr interessanter Podcast.
    Ich frage mich, ob – bevor man über „Religion ohne Gott“ und die Unterschiede zwischen Theismus und Atheismus diskutiert – man nicht erst klären sollte, was man unter dem Begriff „Gott“ versteht? Wenn mich jemand fragt, ob ich an Gott glaube, würde ich sagen: Wenn du mir sagst, wer oder was Gott ist, kann ich dir sagen, ob ich daran glaube… Ich denke, dass die meisten Menschen, die sich als religiöse bezeichnen, sich Gott irgendwie als personal oder gar menschenähnliche vorstellen, was vielleicht einer großen Sehnsucht entspringt, aber vielleicht nicht unbedingt von großer Demut zeugt. Wenn ich verstehe, dass ich einfach eine Existenz unter vielen verschiedenen Formen von Existenzen bin, dann fällt es mir immer schwerer, einem Gott personale oder gar menschliche Eigenschaften zuzuschreiben. Was, wenn alles, was existiert, nicht Schöpfung ist, sondern vielleicht Ausdruck oder Gestalt oder Erscheinung dessen ist, was wir als Gott suchen? Dann wäre der Disput zwischen Religiösen und Atheisten ziemlich hinfällig, da beide quasi Teil dieses Göttlichen sind. Vielleicht haben viele Atheisten einfach nur ein Problem damit, dass manche Religiöse meinen zu wissen, wer Gott ist, was er sagt, was er will, was er tut oder vorhat.
    Als Atheist sterben kann demütiger und vertrauensvoller sein als als gläubiger Mensch, ein sich hingeben und fallen lassen in das, was eben kommt oder nicht.
    Allerdings müsste auch ein Atheist, bevor er sich als ein solcher bezeichnet, erst einmal definieren, wer oder was Gott ist, bevor er sich davon lossagt. Vielleicht wären viele dieser Grabenkämpfe gar nicht notwendig, wenn wir den Begriff Gott nicht versuchen würden zu definieren oder als Anwalt für unsere Lebensweise benutzen würden.
    Das mit der allgemeingültigen Ethik, da verstehe ich beide Seiten und habe ehrlich gesagt auch keinen abschließenden Standpunkt. Es scheint, als hätte es in der Geschichte der Menschheit eine grobe ethische Entwicklung gegeben, die ja sogar über den Zeitraum biblischer Texte sichtbar ist. Aber sicher bin ich mir nicht. Und ist der Mensch nicht einfach nur eine Art, die sich halt verhält wie es der Art gemäß ist inklusive emotionaler und kognitiver Fähigkeiten? Verhält sich ein Löwe ethisch korrekt, wenn er eine Antilope frisst oder konkurrierende Rudelgenossen vertreibt? Er verhält sich seiner Art gemäß, weder böse noch gut. Gemäß seiner Art kann der Mensch über sich und sein Verhalten nachdenken. Und über sowas wie Religion und Gott. Das ist interessant.

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