Less noise – more conversation.

 Lesedauer: 2 Minuten

Gemeinschaft braucht Grenzen

Grenzen und Gemeinschaft gehen nicht zusammen? Falsch 😡 das sagen nur Menschen, die davon profitieren, wenn du keine Grenzen setzt. Auch in christlichen Gemeinschaften.

Kürzlich sass jemand beim Reden zu nahe zu mir. Ich fühlte mich einfach nur bedrängt, es war aber gleichzeitig ein konstruktives Gespräch und ich konnte mein Unwohlsein nicht verbal äussern. Nach einigen Minuten rutschte ich einen Stuhl weiter weg – das hätte ich von Anfang an tun sollen 😓

Um Beziehungen zu haben und in Gemeinschaft mit anderen sein zu können, sind Grenzen nicht nur okay – sie sind sogar essenziell! Denn wenn ich immer so bin, wie es sich mein Gegenüber gerade wünscht, wenn ich mich selber verbiege und auflöse, dann verliere ich meine eigene Identität. Ich bin austauschbar. Das ist keine Gemeinschaft, keine Beziehung, kein Zeichen für Vertrauen – sondern Beliebigkeit, Respektlosigkeit, im schlimmsten Fall sogar Missbrauch.

Damit andere mit mir in Beziehung treten können, mich überhaupt als „ich“ wahrnehmen können, muss klar sein und respektiert werden, wer ich bin und wo meine Grenzen sind. In gesunden Beziehungen und Gemeinschaften wird das so gelebt. Keine Zeit, diese Aufgabe zu übernehmen? Ist ok. Keine Kapazität für ein persönliches Treffen? Wird respektiert 🌿

Wahrzunehmen, was die eigenen Bedürfnisse sind, ist nicht Egoismus, sondern Identität, Integrität. Nimm dir einen Moment Zeit, um in dich hineinzuspüren, auf deine innere Stimme zu hören, herauszufinden, wo deine Grenzen sind, und sie dann auch so zu setzen.

Das klingt einfacher, als es ist. Zwischenmenschlich wäre es häufig leichter, man würde einfach „ja“ sagen, Augen zu und durch. Es ist kein Scheitern, wenn es dir manchmal nicht gelingt 💜

Aber jedes einzelne Mal, wenn ich bewusst Grenzen setze, fühle ich mich danach freier und handlungsfähiger. Ich habe mein Gebiet abgesteckt und kann von dort aus handeln und in Beziehung mit anderen treten. Mein „Ja“ ist ein bewusstes „Ja“, ich habe mich selbst respektiert und die Menschen, zu denen ich eine tiefe Verbindung habe, bekommen die Zeit, die sie verdienen.

Was denkst du darüber? Wie ist das bei dir – kennst du auch solche Situationen? Und wie nimmst du das im kirchlichen, christlichen Umfeld wahr? Schreib gerne einen Kommentar! 📩

4 Kommentare zu „Gemeinschaft braucht Grenzen“

  1. Ein Üben bis zum letzten Atemzug. Ein nie endendes Projekt.

    Ich persönlich erlebe es so: In „sicheren“ Beziehungen ist die Grenzziehung einfacher als in „unsicheren“. Gelingende und funktionierende Grenzziehung ist unabdingbar und für mich ein Übungsfeld. Keine statische Ausgangslage, sondern Dynami(k/t) mit. Meist gelingt es mir, mal gehe ich Kompromisse ein, die für mich verhandelbar sind und mal erwischt es mich eiskalt. Manchmal – bei manipulativ herbeigeführten Grenzüberschreitungen – spüre ich es schmerzlich im Nachhinein an meinen Gefühlen und dann ist es ganz wichtig – so wie du geschrieben/erwähnt hast – keine Verurteilung, kein Scheitern. Ich lerne und lerne und lerne. Ich denke weiter in offenen Fragen/Bilder.

    Ich habe stets das Bild eines Kleinkindes, das sich übt in den ersten aufrechten Schritten. Es fällt wieder hin, es rappelt sich energisch wieder auf die Beine, braucht manchmal eine einladende Hand, ein Sicherheitsgriff, dann wieder ein Üben und so erobert es sich die Welt. Oder stimmiger ausgedrückt: Wir verantworten unseren eigenen Raum. Verantwortungsbewusst. Das Üben scheint mir essentiell und mit jedem Üben wächst die Sicherheit. Dann beginnt das Spiel mit: Raum sichern, über den Tellerrand aus schauen, Grenzen erweitern, Grenzen neu definieren, Grenzen erkunden, Be-grenzt-sein zulassen, annehmen und jede Grenzziehung abfeiern und die fiesen“Fallen“ entlarven – wo immer möglich. Barmherzigkeit in allem für alle!

    Danke für dein Statement und dein mutiges Anteilgeben. Ich bin begeisterte Mithörerin, engagierte Mitdenkerin und dankbare Mitleserin

    1. Evelyne Baumberger

      Liebe Monika, danke für deinen Kommentar, ich habe mich darüber gefreut. Ich habe in Bezug auf Meditation mal den Vergleich mit Kniebeugen gelesen: Jedes Mal, wenn ich einen Gedanken ziehen lassen kann, habe ich eine Kniebeuge geschafft und kann stolz darauf sein, denn sie stärkt mich. So ist es mit jedem Üben… Alles Liebe dir!

  2. Vielleicht könnte man statt „Grenzen“ auch sagen, ich brauche meinen Bereich, mein Hoheitsgebiet, mein „Reich“, wo ich Herr:in bin. Das kann körperlich sein, vor allem gegenüber Menschen, die übergriffig auftreten und einem zu nahe treten. Aber auch im übertragenen Sinne, wenn über mich verfügt wird, oder ich in die Enge getrieben werde und keinen Ausweg offen habe. Dann kann sich mein Unwohlsein auch mal in einer aggressiven Geste oder Wortwahl Bahn brechen.

    Wenn andere mir meinen Bereich zugestehen, kann ich souverän auftreten und in meinem Bereich auch mal an den Rand gehen, oder sogar darüber hinaus, wenn ich das will.

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