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Der Kapitalismus und die Frage nach den Alternativen

Trotz Überlänge sind Manuel und Stephan in der letzten Folge zur Entstehung und Bewertung des Kapitalismus mit ihren talking points bei Weitem nicht durchgekommen. Sie nehmen darum hier den Faden nochmal auf – und tauschen sich auch über ihre biografische Prägung im Blick auf den Umgang mit Geld und Wohlstand aus. Auch biblisch-theologische Perspektiven werden eingeholt, insbesondere die prophetische Kritiken an einer Gesellschaft, welche die Armen missachtet und sich auf Kosten anderer bereichert.

In der anschliessenden Auseinandersetzung mit den Exzessen einer kapitalistischen Gesellschaft, mit den Gründen für den Bankencrash 2008 und dem überraschenden Zusammenbruch der Credit Suisse im letzten Jahr werden sie sich nicht einig. Manuel führt viele Fehlentwicklungen der kapitalistischen Marktwirtschaft auf ganz banale Motive wie Gier und Eifersucht zurück, während Stephan ihm vorwirft, einem zu düsteren Menschenbild aufzusitzen – und er den Kapitalismus nicht als das grosse Problem, sondern als die Lösung unserer Zeit verstehen will…

Eine hitzige Diskussion, die sich erst dort beruhigt, wo die Berpredigt Jesu ins Spiel kommt, mit ihrem Aufruf, die Sorge um den nächsten Tag loszulassen und sich Gott anzuvertrauen: Könnte hierin eine echte Alternative zum Kapitalismus stecken?

6 Kommentare zu „Der Kapitalismus und die Frage nach den Alternativen“

  1. Das war eine geile Folge!
    Am besten gefallen hat mir Stephans Aufschlüsselung der Bergpredigt und sein „Schlussbouquet“.

    @Manu – Schau bitte noch Staffel 2&3 von True Detective.
    Ich war peinlich berührt als Du gesagt hast (popcorn culture) die wären schlechter als die erste Staffel, obwohl Du sie gar nicht gesehen hast 😉
    Ich finde die erste auch Etwas vom Allerbesten was Fernsehen bieten kann, aber auch die anderen, vor allem die Dritte, sind sehr sehenswert.

    Liebe Grüsse

    1. Danke Andi für die Rückmeldung! Ich hab True Detective Staffel 2 begonnen, war mir aber einfach zu abgefuckt. Und bei den Kritiken sind die Staffel 2 und 3 einfach völlig unten durch… Ich schau ob ich ihnen nochmal eine Chance gebe…

  2. Die meisten Podcasts höre ich während meiner 10 Km-Jogging-Runde oder wenn ich mit den Hunden draußen bin. Bei der heutigen Folge wurde es eine schnelle Lauf-Runde, denn ich hätte wohl spontan bei dem einen oder anderen Punkt gleich mitdiskutiert. Sieht bestimmt verstörend aus, wenn ein 60-Jähriger im aprilkalten Morgen joggend mit sich selbst spricht…
    Aber was ich sagen wollte: Es ist imho weder nur die abgrundtiefe Bösartigkeit der gierigen Menschen noch das in sich knallharte und unbarmherzige System des Kapitalismus.
    Der Monopoly-Spiel-Vergleich bringt es eigentlich sehr schön auf den Punkt: Ich will gewinnen. Das geht nur, wenn alle anderen verlieren. Gewinn und Verlust gehören zur Wirklichkeit des Kapitalismus. Wenn ich also immer gewinne, gibt es andere, die dafür verlieren. Der Niedergang der CS-Bank ist letztlich also innerhalb des Systems die logische Konsequenz. Hier hat eben mal die Bank verloren.
    Umgekehrt macht dieses Gewinn-Verlust-Spiel vieles möglich. Am Ende ist es wie bei der Wette in „Die Glücksritter“ (mit Dan Aykroyd, Eddie Murphy und Jamie Lee Curtis), es können die einen nur reich werden, wenn die anderen arm (bleiben) werden.
    Zwar ist Kapitalismus für sich betrachtet weder gut noch böse, als angewandtes und akuell (mit)erlebtes System imho eben nicht die Lösung für die Menschheit. Denn wenn – wie Manu sagt, der Kapitalismus gelungen ist, wenn die Menschen davon profitieren, stellt sich die Frage, welche Menschen oder noch besser aller Menschen. Das ist im System aber nicht möglich. Denn wenn einige gewinnen, müssen zwangsläufig andere verlieren.
    Um die erst in den letzten paar Minuten angerissene „christliche“ Antwort auf diese komplexe Frage ausreichend zu beleuchten, müsste es eigentlich eine eigene Folge geben. Denn auch hier stellt sich die Frage, kommt die Angst um Überleben vom Leben selbst, von den Umständen oder am Ende vom System (Kapitalismus)? Und gäbe es diese Angst in anderen Systemen nicht? Jesus redet ja zur Zeit einer Agrargesellschaft. Und die sinnlose Anhäufung von Reichtum, ja sogar die Annullierung von getätigten Geschäften wird von den Propheten im AT vorgeschlagen. Spannende Gedanken.

    Zum Schluss bin ich froh, dass ihr es bei aller Selbstbeweihräucherung des „Schweizer-Sparsam-Seins“ doch noch geschafft habt, darauf hinzuweisen, dass innerhalb Europas kein anderes Land sich so sehr an kriminellen Geldgeschäften bereichert hat wie… Im Übrigen waren die Länder, aus denen die Reichen ihre eigentlich zu zahlenden Steuergelder in die Schweiz transferiert haben, dann die Verlierer. Kapitalismus eben.

  3. Christoph Borries

    Wer mag – ich finde in diesem Zusammenhang auch sehr interessant „Die Ökonomie von Gut und Böse“ von Tomas Sedlaczek, er setzt sich auch mit biblischen ökonomischen Vorstellungen auseinander.
    Diese Folge hat mir wieder mal sehr gut gefallen

  4. Danke an dieser Stelle für den Kommentar von Sven-Erik.
    Interessante 2 Folgen über den Kapitalismus! Vielen Dank! Die gegen Ende der zweiten Folge servierte Lösung, das wir als Christen am besten neidlos auf Grossverdiener und Reichtum schauen sollten, ist m.E. etwas naiv. Keiner von uns ist ja wirklich frei davon, und wird es zeitlebens auch nicht sein.
    In der CH geboren zu sein, ist an sich schon ein „Lotto-6-er“. Und es ist für uns in dieser Blase sehr leicht davon zu sprechen, nicht neidisch zu sein, weil es dem ganz grossen Rest der Welt viel schlechter geht. Aus derer Sicht könnten geäusserte Gedanken wie in diesen Podcasts doch schnell zynisch wirken, auch wenn ich überzeugt bin, dass es nicht so gemeint ist. Aber der Neid wird natürlich auch innerhalb der CH genährt. Die ganze Werbeindustrie ist auf dem „Neid-Faktor“ aufgebaut. Dort sitzen auch die bestbezahlten Psychologen, die Werbe-Psychologen. Wenn ich nun als Christ auf einem Luxus-Niveau lebe (mit Rolex, teuerem Haus, Auto, Ferienwohnung/Haus etc.), dann supporte ich dieses System, auch wenn ich das persönlich gar nicht will. Ich habe schon oft die Stimmen von reichen Christen gehört, es käme nur darauf an, innerlich von Geld und Luxus „frei“ zu sein. Man/frau sei ja nur VerwalterIn dieses Reichtums. In 99% aller Fälle liegt die Wahrheit jedoch im Beispiel des reichen Jünglings, dem Jesus sagt, er solle alles verkaufen, den Armen geben, und ihm nachfolgen. Wir kennen das Ende der Geschichte. Der junge Erwachsene ging traurig davon, weil er sich nicht davon trennen konnte/wollte. So würde es wohl auch uns ergehen. Geld, Reichtum hat eine unheimlich bindende Macht/Kraft.
    Hinzu kommt die Tatsache, dass unser Lebensstil, Ressourcen von mind. 2,5-Erden benötigte. Wir Reiche im Schlaraffenland leben auf Kosten vom Rest der Welt. Interessant sind Bücher von Jean-Ziegler, wie z.B. „Das Imperium der Schande“, „Wie herrlich Schweizer zu sein“, „Wie kommt der Hunger in die Welt“ u.a.m. Sehr unbequeme Bücher für uns Reiche. Oder auch unser grösster CH-Troubadour Mani Matter: „Dene wos guet geit, giengs besser, Giengs dene besser wos weniger guet geit, Was aber nid geit, ohni dass’s dene, Weniger guet geit wos guet geit.“
    Jesus hat durchwegs eine kritische Haltung zu Reichtum, ausser, man gibt es weg. Er weiss um unsere Anfälligkeit. Und wir wissen es auch, wenn wir ehrlich sind.
    Es muss unbedingt auch über die Politik etwas geschehen. Aber gerade auch wir Christen sind ein Role-Model, ob wir das glauben oder nicht.

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