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Ausgeglaubt: Gibt es Gott?

An dieser Frage arbeiten sich Philosoph*innen und Theolog*innen seit Jahrhunderten ab. Berühmt geworden sind verschiedene Arten des Gottesbeweises – Anläufe also, mit rationalen Mitteln die Existenz eines göttlichen Wesens zwingend aufzuweisen. Sie sind in der Neuzeit zu Recht in Verruf geraten. Aber auch der Gottesglaube überhaupt gilt vielen als naiv, dumm, sogar gefährlich. Manuel und Stephan unterhalten sich in dieser Episode über jene Götter (oder Gottesvorstellungen), von denen sie sich verabschiedet haben – und versuchen dann klarzumachen, von welchem Gott sie sehr wohl behaupten würden, dass es ihn gibt…

8 Kommentare zu „Ausgeglaubt: Gibt es Gott?“

  1. Herzlichen Dank für Eure interessanten und auch ziemlich persönlichen Gedanken zu diesem Thema! Gerade der lebensweltliche Bezug fand ich sehr hilfreich.

    Spannend finde ich die Folgefrage, ob aktives göttliches Handeln, physisch oder psychisch, in unserer Welt stattfindet. Denn ein untätiger oder desinteressierter Gott wäre ungefähr gleich relevant wie ein abwesender. Wenn man göttliches Handeln bejaht, fragt man sich unweigerlich, ob man dieses Handeln nicht irgendwie objektiv feststellen könnte…

    Übrigens: Ich muss etwas schmunzeln, wenn auf „die“ Wissenschaft verwiesen wird. Als Naturwissenschafter kann ich sagen, dass es zwischen den verschiedenen Disziplinen doch erhebliche Unterschiede in den Annahmen und der Methodik gibt. Übergreifende Prinzipien zu definieren, ist gar nicht so einfach. Metaphysische Fragen lassen sich dabei keineswegs vermeiden. Sondern diese fliessen als meist implizite Grundannahmen in die Arbeit ein, zum Beispiel im Bezug auf die Regularität und Uniformität der Welt, Kausalität sowie Realismus der wissenschaftlichen Theorien und Gesetze.

  2. Gott gibt es, seit Menschen denken, schreiben und sich Geschichten weitererzählen. Natürlich erzählte man sich früher auch Geschichten über Drachen. Erzählungen über Drachen kommen heutzutage aber nur noch in Märchenbüchern und Fantasieromanen / Filmen vor. Der Umstand, dass Gott noch nicht in die Märchenliteratur verbannt wurde, oder gar nicht mehr von ihm gesprochen wird, zeigt, dass er immer noch etwas ist, womit Menschen rechnen, in welcher Form auch immer. Es gibt ja ganz viele Gottesbegriffe. Darum ist an die Frage, ob es Gott gibt auch immer die Frage verbunden: „was verstehst du unter Gott?“ All diejenigen, die sich zum Beispiel unter Gott den alten Mann mit weissem Bart vorstellen, für die existiert Gott aus verständlichen Gründen nicht. Wenn jemand aber sagt, für mich ist Gott die Urkraft des Lebens, so wird es schwierig sein, diese Vorstellung zu widerlegen.

  3. Danke für die interessanten und wohltuenden Gedanken. Wohltuend in dem Sinn, dass auch ich mich schon lange von einem Gott verabschiedet habe (oder dass „dieser Gott“ sich von mir verabschiedet hat), der aktiv eingreift in die Geschichte oder mein Leben als Rächender, Strafender, Ordnender…
    In letzter Konsequenz führen diese Gedanken zu einem „atheistischen Gottesbild“. An all das, was ein theistisches Gottesbild meinen könnte, glaube ich nicht mehr, ja, meine zu „wissen“ (im Sinn von „überzeugt sein“), dass es als menschliches und anthropozentrisches Denken nichts zu tun hat mit einem wie auch immer möglichen und denkbaren „Gott“. Am ehesten kann ich mit dem Bild von Klaas Hendrikse etwas anfangen, der in seinem für mich wegweisenden Büchlein „Glauben an einen Gott, den es nicht gibt“ für ein Gottesbild plädiert, das Gott (ausschliesslich?) im Prozess erlebt: Gott in Beziehungen, im respektvollen Miteinander der Menschen, im zärtlichen und bewahrenden Umgang mit der Mitwelt, in der wir nur ein Teil sind… im Unterschied zu einem „gegenständlichen“ Gott, den ich sehen, schmecken, fühlen kann…

  4. Eure Gespräch über die Grundfragen des Glaubens sind eine herzerfrischende Ermutigung. Danke für Eure offene und ehrliche Art. Die Folge „Gibt es Gott“ hat mich an das lesenswerte Buch von Jakob Friedrichs „Ist das gott oder kann das weg?“ erinnert. Sehr starke Parallelen, insbesondere die Deutung von Karsamstag und der Bezug auf die „Abwesenheit“ Gottes in der Gegenwart. Dass wir in einer Zwischenzeit leben, in der wir damit klar kommen müssen, dass Gott uns nicht das Leben erklärt und die Probleme aus dem Weg räumt.
    Aber sag das mal der Gemeinde….

  5. Liebe Leute, nicht nur Philosophen ‚leben von dem, was sie glauben‘. Und schon gar nicht erschöpft sich Glaube im Verhältnis zwischen Mensch + Gott. Aber es ist
    „Roter Faden“ für diesen RefLab-Aufsatz.

    Berühmte Leute der Weltgeschichte haben i h r e Spuren gelegt. Alle haben unter anderem die Bibel studiert. Hier zwei Beispiele (von Churchill und Kant). Dann komme ich mit einem ’neuen Gebet‘.

    Churchill-Zitat — „Die meisten Menschen sind bereit zu lernen, aber nur die wenigsten, sich belehren zu lassen.“

    (Zitat von Robert Spämann im Aufsatz „Lügen haben lange Beine“)
    Kant hat die tiefe Einsicht formuliert, daß die Lüge im Grunde nicht in erster Linie ein Unrecht gegen den Belogenen, sondern eine Selbstentwürdigung dessen ist, der Sprache mißbraucht. Denn das menschliche Wort ist nicht in erster Linie ein Instrument der Mitteilung, sondern es ist Selbstoffenbarung, Selbstdarstellung als Person. Sprache in den Dienst der Unwahrheit stellen heißt, dem andern statt einer Person, statt eines Trägers von Menschenwürde einen a-personalen Gegenstand präsentieren, der nur aussieht wie eine Person. Das heißt, sich selbst zur Sache machen. Denn was eine Person zur Person und damit zum Träger von Menschenwürde macht, ist seine Transparenz für Wahrheit. Nur so ist er Repräsentanz des Unbedingten, nur so ist er Ebenbild Gottes.

    . . . nun mein Gebet:

    Die Welt als Wille und Vorstellung
    (Titel von Schopenhauer, Text von Jürgen Friedrich)

    Heiliger himmlischer Vater auf Erden, ja, du bist da, teilst dich mit im Menschenwort. Du teilst dich aus durch die Hand von Menschen, verteilst dich in unsere Hände und Herzen.

    Du bist zwischen uns, in uns.

    Du verbindest uns miteinander über alle Unterschiedlichkeiten hinweg, verbindest zu Schwestern und Brüdern, ungeachtet aller Nationalität, Sprache, Hautfarbe oder Glaube, ungeachtet jeden Alters und jeglicher Stellung.

    Du bist unser gemeinsames lebendiges Leben, trotz und gerade in aller Andersartigkeit oder sogar Angst voreinander wie Hund+Katze oder Mann+Frau.

    Du spiegelst dich, gebrochen wie das Brot, das du selbst bist, in jedem Menschen.

    Du bist unsere Mitte über alle Grenzen hinweg. Du bist WIR und wir sind DU

    lch staune und danke !

    Öffne mich mehr und mehr für die Vielfalt deiner Einheit.

    Mach weit meinen Blick und warm und mutig mein Herz, damit ich dir in der Gegenwart als W i r k l i c h k e i t begegne und dein SEIN erkenne im Sinn für PRIMA-KLIMA — meteorologisch und zwischenmenschlich — und Glaube/Hoffnung/Liebe gekrönt wird durch FREUDE .

  6. Alexander Pollhans

    Spannend ist doch die Frage, was übrig bleibt, wenn alle „Gottesbilder“ (der alles in der Hand habende Gott, der alte Mann mit weißem Bart, der Garant für Moral) fallen; oder welche Bedeutung die biblischen Bilder von Gott (und damit die Bibel) noch haben, wenn die dortigen Bilder nicht mehr „greifen“? Schon im Mittelalter gab es die Mystiker, die vorschlugen, sich von allen Gottesbildern zu verabschieden (Bsp.: Die Wolke des Nichtwissens). Ergebnis könnte ein „Fallen ins Staunen“ sein – aber ob sich damit „Kirche machen“ lässt? Hm…

    1. Danke für die ergänzenden Gedanken! Ich weiss nicht, ob wir uns von allen Bildern Gottes wirklich freimachen können – und auch nicht, ob wir es sollten. Auch ein »Staunen« hat ja irgendeinen Bezug, wir stauben »über jemanden« oder etwas. Ich denke eher, dass die Herausforderung darin besteht, in der Gemeinschaft mit anderen (»Kirche«) die biblischen Bilder auf sich wirken zu lassen, sie im Kontext verstehen zu versuchen… und neue Bilder zu finden, die Gott in unserer Gegenwart zur Sprache bringen. Völlig »treffen« werden wir ihn (sie?) damit aber nie…

  7. Thomas Miertschischk

    Es gibt Leute die glauben
    Gott einen Gefallen zu tun
    wenn sie behaupten
    „Es gibt einen Gott!“
    steif & fest

    Tatsächlich gefallen sie nur
    sich selbst
    Sonnenbaden
    in Gottes Licht
    Mallorca für Fromme

    Gott aber
    wo sie nun mal da ist
    lässt ihnen das Licht
    zum Spielen
    damit sie nichts Schlimmeres

    Sie selbst macht sich auf
    ins Dunkel
    streichelt
    erzählt
    ist einfach Da

    obwohl es sie gar nicht

    Erstaunlich!

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