Manuel will nicht mehr an einen göttlichen Plan für die Menschheit und für sein Leben glauben. Stephan ist skeptisch: Soll der Gedanke an eine Vorsehung Gottes denn völlig aufgegeben werden? Das kommt natürlich ganz darauf an, was man unter Vorsehung versteht.
Man könnte sie ja auch so denken, dass Gott mit dem Menschen in ein ergebnisoffenes Abenteuer eintritt. Im Verlauf dieses Abenteuers verfolgt Gott seine guten Absichten, lässt sich vom Menschen aber auch überraschen und enttäuschen …
13 Gedanken zu „Ich glaube nicht … dass Gott einen Plan für unser Leben hat“
Hallo ihr
Wieder eine ganz steile Aussage gemacht mit mal umgepolten Personen. Regt zum Nachdenken an und zum Hinterfragen der einen “Position”.
Nun ich habe den Eindruck es stimmt Beides. Gott hat einen grossen Plan, aber er lässt uns viel Freiheit in “alltäglichen Entscheidungen” (Bsp. Autokauf, Kinderzahl, Ehepartener, Berufswahl, etc.) Das sind natürlich ganz unterschiedliche Ebenen. Daneben glaube ich, gibt es ganz bestimmte Berufungen. Aber das wäre ein anders Thema. Zurück zu euren Thema: Man spricht vom sog. Heilspaln Gottes. Den glaube ich in der Bibel zu entdecken (z.b.Protevangelium). Den grossen Plan sehe ich auch in “…will dass alle Menschen zur Erkenntnis der Wahrheit kommen”. Oder in den Stellen wo vom “muss” Jesus die Rede ist. Paulus redet oft vom “Vorsatz”, vom “vorzeiten verborgenen, jetzt aber offenbaren Geheimnis.” Ich glaube auch, dass Gottes Plan, wenn es den einen gibt, nicht abläuft wie eine Uhr. Er macht sich auch abhängig von Entscheidungen der Menschen. “Seine Wege” sind nicht gradlinig, da stimme ich voll zu. Die Entwicklung der Menschheit steuert seit der Auferstehung Jesu auf einen Höhepunkt zu. Wann der da ist, weiss keiner (Apg.1,7). Ich persönlich bin froh, immer wieder die Gewissheit zu erlangen, dass Gott täglich da ist und macnhmal auch gewisse Situationen vorbereitet.
Das sind ein paar unausgegorene, unvollkommene Gedanken zu eurem interessanten Gespräch.
Danke für die spannende Reaktion! Was Sie beschreiben, ist in groben Linien die Position des sog. »Offenen Theismus«: Die offenen Theisten gehen davon aus, dass man im Blick auf die Vorsehung Gottes gewissermassen zwei Ebenen unterscheiden muss. Gott verfolgt auf »heilsgeschichtlicher« Ebene durchaus einen »Plan« – sie sprechen dann vom Makromanagement Gottes – er lässt auf individueller Ebene aber einen grosser Raum für Freiheit (Mikromanagement)… Das Modell ist nicht ohne Probleme, erklärt aber die Irrungen und Wirrungen der Geschichte Gottes mit Israel und der Kirche (inkl. Reue und Enttäuschungen Gottes) und die Ambivalenzen des eigenen Lebens natürlicher als zum Beispiel ein deterministisches Modell.
Ich finde es gut
Hallo
Spannende Gedanken zum Gottesbild und aus menschlicher Sicht sicherlich nachvollziehbar.
Manuels Sichtweise bedeutet dann ja auch, dass Gott nicht allwissend ist und die Zukunft nicht kennt – sonst wäre es ja kein Abenteuer mit offenem Ende mehr.
Ich sehe das anders. Denn Gott wird doch in der Bibel überwiegend als ein Gott präsentiert, dem nichts verborgen ist, der auch die Zukunft kennt. In Jesaja 46:9-11 steht:
9 Gedenkt an das Frühere von der Urzeit her, dass Ich Gott bin und keiner sonst; ein Gott, dem keiner zu vergleichen ist.
10 Ich verkündige von Anfang an das Ende, und von der Vorzeit her, was noch nicht geschehen ist. Ich sage: Mein Ratschluss soll zustande kommen, und alles, was mir gefällt, werde ich vollbringen.
11 Ich berufe von Osten her einen Adler und aus fernen Ländern den Mann meines Ratschlusses. Ja, ich habe es gesagt, ich führe es auch herbei; ich habe es geplant, und ich vollbringe es auch.
Oder die so oft bemühte Josef-Geschichte: Kann man da nicht am Ende lesen, dass Gott die ganze Zeit in Kontrolle war und die Geschehnisse gelenkt hat? 1. Mose 50:20
20 Ihr gedachtet mir zwar Böses zu tun; aber Gott gedachte es gut zu machen, um es so hinauszuführen, wie es jetzt zutage liegt, um ein zahlreiches Volk am Leben zu erhalten.
Und was ist mit dem Kreuzestod Jesu? Ist es aufgrund zahlreicher freien Entscheidungen von tausenden von Menschen einfach soweit gekommen und Gott sagte sich dann: “Ah, praktisch, das nutze ich doch gleich als das perfekte Sühneopfer …” ?
Und wie passt es mit Open Theism zusammen, dass Gott uns in Jesus auserwählt hat vor Grundlegung der Welt, damit wir heilig und tadellos vor ihm seien in Liebe. (Epheser 1.4) ?
Meiner Meinung nach weisst dieses Gottesbild viele Lücken auf – zumindest, wenn man es biblisch begründen will – und du, Manuel, hast ja diesen Anspruch. Aber am Ende geht es eben doch auch wieder nicht auf. Als du von dem Jungen erzählt hast, der mit 6 an Krebs starb, hat es mir im Herz auch weh getan. Aber ich musste mir dann auch wieder sagen: Gott, so wie du ihn siehst, hätte dann doch eingreifen können, statt einfach “das Leben geschehen zu lassen”, wenn er uns doch liebt. Oder glaubst du nicht, dass er dazu die Macht gehabt hätte? So gesehen gibt doch dieses Gottesbild des Open Theism gar nicht mehr Trost als dasjenige eines allwissenden und allmächtigen Gottes, der die Geschicke der Welt in seiner Hand hat und eben auch noch nach diesem Leben unsere Tränen abwischen kann.
Ich habe einfach den Verdacht, dass vielen dieser Gott, der in der Bibel präsentiert wird, nicht passt – aber wieso muss denn Gott genau dem entsprechen, was wir unter “gut” und “liebevoll” verstehen? – warum nicht ein Gott, der halt nicht genauso ist, wie wir ihn gerne hätten?
Dann kommen die philosophischen Argumente, die dann über die Bibel gestülpt werden. Liberale Theologen haben es da natürlich einfacher – was in der Bibel nicht zu den eigenen ethisch-moralischen Vorstellungen und ins eigene Weltbild passt – tja das ist dann einfach nicht Gottes Botschaft.
Lieber Josef, ich kann deine Einwände nachvollziehen, und an den biblischen Rückfragen arbeiten sich die Offenen Theisten ja bekanntlich auch ausführlich ab. Ich kann hier das Buch von Gregory Boyd »God of the Possible« empfehlen: Es ist aus einer explizit konservativ-evangelikalen Warte aus geschrieben und versucht darum, auf alle denkbaren »Gegentexte« einzugehen. Die Erklärungen sind manchmal sehr überzeugend, manchmal auch nicht. Das gilt aber natürlich auch für die Versuche, ein »klassischen« Gottesverständnis mit allen biblischen Überlieferungen in Einklang zu bringen. Wenn man schon biblizistisch argumentieren will, kann man ja nicht einfach eine Jesaja-Stelle zitieren und damit die Vorstellung einer lückenlosen definitiven Voraussicht Gottes auf die Zukunft stützen, ohne jene Stellen ernst zu nehmen, die von der Reue, Überraschung, Enttäuschung, Lernfähigkeit Gottes sprechen. Und wenn man letztere im »Licht« der ersteren relativiert (oder interpretatorisch aushebelt), müsste man erklären, mit welchem Recht man das tut. Ich plädiere da aber ohnehin für einen etwas sportlicheren Umgang mit den biblischen Texten, der nicht versucht, die Gottesrede eines so weitläufigen und vielschichtigen Buches auf eine Linie zu bringen…
Eure Diskussionen holen mich total ab. Ich bin sehr dankbar, dass ich den Podcast entdeckt habe. Seit gestern binge ich eine Folge nach der anderen. 🙂 Viele Grüße in die Schweiz!
Danke Katrin für die ermutigende Rückmeldung, das schätzen wir sehr!
Wenn man(n) an diesen Gott nicht (mehr) glauben kann/will hilft diese Diskussion über den “grossartigen Plan” auch nicht mehr weiter. Umso mehr als dann ja Auschwitz ja auch Teil dieses Plans sein müsste…
Lieber Urs, genau über dieses Problem haben wir gesprochen. Viel Spass beim Reinhören 😉
Sehr gut gesagt Urs
Ich stimme dir zu, obwohl ich total überzeugt bin, dass es einen Gott gibt, aber leider gibt es auch einen Teufel, der ist aber so listig, dass er für Gott gehalten wird, und wie bin ich froh, gibt es einen guten Gott, einen wahren Gott und Jesus Christus der den Zugang geschaffen hat. Was mich zu dieser Erkenntnis brachte ist eine lange Geschichte die über Jahrzehnte gewachsen ist.
Die Antwort auf die Frage, ob Gott einen Plan mit mir und meinem Leben hat, habe ich für mich auf jene grössere Wirklichkeit vertagt, von der das irdische Leben nur ein kleiner Teil ist.
Mir genügt eigentlich die Vorstellung, die ich bei Manu und Stephan heraushöre, dass jeder Atemzug im Leben von Gott begleitet ist: Gott ist dabei, in Beziehung zu mir und jedem Menschen: mitleidend, mitzweifelnd, mitfreuend, mitliebend…
selbst dann, wenn ich gerade nichts davon weiss.
Plan, Entwurf, Konzept?
„Was tun Sie“, wurde Herr Keuner gefragt, „wenn Sie einen Menschen lieben?“ „Ich mache mir einen Entwurf von ihm“, sagte Herr Keuner, „und sorge, dass er ihm ähnlich wird.“ – „Wer? Der Entwurf?“ – „Nein“, sagte Herr Keuner, „der Mensch.“…
Vertrauen, hoffen, lieben, das sind die drei sogenannten „göttlichen Tugenden“ die Tugenden Gottes also, und für uns gottgeschenkt, nicht machbar. Sie überfahren meines Erachtens jede Planung.
Gott überrascht, und lässt er sich überraschen?
Hier sehe ich, wie ich meinen Mitmenschen begegnen könnte. Nämlich als Vertrauende*r, Hoffende*r, Liebende*r.
Der Gegensatz zu dieser „Achtsamkeit“ scheint mir das «Bild» zu sein,. Wenn ich mir von einem Menschen (und von Gott) ein Bild mache, dann meine ich ihn zu kennen und zu wissen, was ich von ihm zu er-warten habe.»
Im katholischen Kalender steht 9 Monate vor „Mariä Geburt“, das Fest von der „Immaculata conceptio“, von der „Unbefleckten Empfängnis“ . Ich lese das so: Frei von jedem menschlichen Konzept, von jeder noch so gut gemeinten (menschlichen) Bevormundung und Festlegung.
Sehr schön – vielen Dank für den Bezug zur Frage des Vertrauens, Hoffens und Liebens!