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Blaise Pascal: Ist das Leiden der Grund der Philosophie?

Eine Philosophiegeschichte in theologischer Perspektive kommt nicht um Blaise Pascal (1623–1662) herum: Pascal ist ein herausragender französischer Philosoph, Wissenschaftstheoretiker, Mathematiker, Physiker, Literat und Apologet des Christentums, der in seinem kurzen Leben der Neuzeit ganz entscheidende Impulse gegeben hat.

Er erweist sich früh als Wunderkind, rekonstruiert bereits mit 12 Jahren die ersten 32 Lehrsätze der Euklidischen Geometrie, mit 16 Jahren veröffentlicht er eine aufsehenerregende Arbeit über Kegelschnitte. Seine mathematischen Erkenntnisse werden bis heute durch das «pascalsche Dreieck» angedeutet, auf dem Feld der Physik hat er sich durch bahnbrechende Untersuchungen zum Luftdruck verewigt (die Messeinheit «Pascal» geht auf ihn zurück).

Theologisch bedeutsam ist zunächst Pascals Berührung mit der innerkatholischen Erneuerungsbewegung des Jansenismus: er wird zum wirkungsvollen Kritiker der führenden kirchlichen Theologie, Moral und Macht und findet mit seinen Streitschriften grosses Echo. Eine eindrückliche Bekehrungserfahrung macht ihn zum leidenschaftlichen Apologeten des Glaubens – seine «Gedanken zur Religion» verteidigen das Christentum gegen atheistische und skeptische Anfragen und gehen in die Geistesgeschichte ein. Persönliche Leiderfahrungen formen Pascal zum Begründer eines christlichen Existenzialismus, dessen Wirkung über Kierkegaard bis in die Gegenwart reicht.

 

Zu den Beitragenden

Manuel Schmid ist Co-Leiter von RefLab. Er wurde mit einer religionsphilosophischen Arbeit promoviert und liebt es, unsere Zeit und Gesellschaft durch vertieftes Nachdenken und angeregtes Diskutieren besser verstehen zu lernen.  

Heinzpeter Hempelmann ist Professor für Systematische Theologie und Religionsphilosophie, Autor von über 40 Büchern und 500 Aufsätzen (viele davon sind hier kostenlos abrufbar). Er ist ausgewiesener Experte in Fragen der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie sowie der Lebensweltforschung – und er hat eine Leidenschaft für die verständliche Vermittlung komplexer philosophischer und theologischer Sachverhalte.

2 Kommentare zu „Blaise Pascal: Ist das Leiden der Grund der Philosophie?“

  1. Manfred Reichelt

    Würden wir noch im Paradies leben, würden wir auch nicht philosophieren. Um Philosophieren zu können, müssen wir tatsächlich vor einer Welt stehen, die wir nicht begreifen, also an der wir leiden.

  2. Liebe beide,

    herzlichen Dank für diese Episode. Blaise Pascal war mir bisher nur im Kontext seiner „Wette“ bekannt. Insofern fand ich es sehr bereichernd, mehr über diese spannende Person zu erfahren.

    Einen inhaltlichen Kommentar zum Schlussteil kann ich mir aber nicht verkneifen: Ich empfinde den Gegensatz von rationaler Metaphysik und existenzieller Gotteserfahrung als etwas konstruiert. Wäre es nicht möglich, dass beides nur unterschiedliche Sichtweisen auf die gleiche Realität sind, dass mithin beide Perspektiven ihre Berechtigung haben?

    Schöne Beispiele hierfür sind meines Erachtens gerade die von Euch porträtierten scholastischen Philosophen, die rationale Argumente mit tiefer Spiritualität verbinden. So schrieb Thomas von Aquin eine grosse Zahl an nicht-philosophischen, rein theologischen Büchern, und Anselm präsentiert seine philosophischen Gedanken sogar explizit im Rahmen und Form von Gebeten, so auch der ontologische Gottesbeweis.

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