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 Lesedauer: 2 Minuten

Apokalypse als Sehnsucht

Durch drei verschiedene Live-Ticker erhalte ich immer wieder Updates über die Entwicklung der Corona-Pandemie. Stand jetzt ist wenig beunruhigend. Trotzdem und gerade deshalb liefert das Thema super Gesprächsstoff im Freundeskreis: Jede*r hat eine Meinung. Niemand hat wirklich Ahnung. Corona ist der geschlechter-, milieu- und generationenübergreifende Mix aus Fussball und Wetter. Es ist interessant (Fussball) und alle fühlen sich betroffen (Wetter).

Das virtuelle Lagerfeuer

Zur Qualität des Corona-Themas gehört auch, dass wir bis jetzt nicht wirklich Angst haben, zu sterben, im Umfeld keine Menschen kennen, die es erwischt hat, unser Bangen und Mitfiebern – nope! keine witzige Anspielung – also irgendwie abstrakt bleibt und vorerst unter keinem moralischen Vorbehalt steht. Keine*r in der Sofaecke sagt: „Geht’s noch?! Du sprichst darüber, als wäre es Unterhaltungsprogramm. Aber meine Tante ist vor einer Woche daran gestorben!“

Durch die Corona-Massnahmen sind wir alle irgendwie verbunden, ohne all zu existenziell betroffen zu sein. Fussballfans, KITA-Mitarbeiter*innen, Sigristen und Veranstalterinnen von Swinger-Events. Corona ist das neue „Wetten dass“, das uns um das virtuelle Lagerfeuer unserer Gesellschaft versammelt.

Und das Beste: Es gibt kaum Corona-Leugner. Für die Corona-Krise opfern wir bereitwillig die Uhren- und Schmuckmesse, die Basler Fasnacht, beachtliche Anteile des Flugverkehrs. Wir können binnen 10 Tagen zwei Spitäler einrichten. Und sogar Kantone und der Bund arbeiten zusammen! Wehe der Klima-Bewegung sollte unser Enthusiasmus je auf dieses Thema überspringen. Sie verlöre unmittelbar ihre Daseinsberechtigung.

Oma-Rezepte am Ende der Zivilisation

Ich selbst hatte dieses Weekend eine Phantasie: Alle Bahnhöfe werden abgeriegelt. Wer kann, soll Homeoffice machen. Die anderen haben frei. Mit meiner Familie und den noch nicht infizierten Stockwerksnachbarn treffen wir uns zum Mittagessen und spielen abends Karten zusammen. Wir hätten so viel Zeit füreinander. Würden uns richtig gut kennen lernen. Jetzt, als Schicksalsgemeinschaft, verbunden durch die Quarantäne mit unbestimmter Dauer, würden wir uns Fotos von Ferienreisen zeigen, uns Lieblingsbücher empfehlen. Wir würden über Kinofilme sprechen, zusammen Netflixserien anschauen und sie nachbesprechen. Und es gäbe immer guten Wein. Denn wer weiss, wie lange man sich in der Runde noch zuprosten kann. Wir bekochen uns mit den besten Oma-Rezepten, helfen uns mit Gewürzen aus. Und wir teilen unsere Hometrainer. Jetzt, am Ende der Zivilisation, sagen wir uns offen, wer wessen WLAN mitbenutzt hat und was mit den Biervorräten im Gemeinschaftskühlschrank in Wirklichkeit passiert ist.

Soviel ist sicher: Das Corona-Virus hat das Potential unsere Quartiervereine und Fridays for Future auszulöschen. Hoffen wir, dass wenigstens das sehr ansteckend ist!

5 Kommentare zu „Apokalypse als Sehnsucht“

  1. Brigitte Ould Yali-Schlatter

    Lieber Stephan, meine Träume gehen in die gleiche Richtung! Der Gedanke, wie ich im nahenden Frühling im bereits austreibenden Garten mit Palmenecke Lieblingsmenschen einlade zum Spaghettiplausch oder Fondue an der frischen Luft, dazu ein schönes Glas Wein, der Gedanke behagt mir sehr! Alle sind befreit vom Ballast von Luxusproblemen, es geht endlich um das Wesentliche: DAS VOLLE LEBEN!

    Kleine Anmerkung: Wir befinden uns in der Phase einer Epidemie, Pandemie ist möglich, wahrscheinlich, niemand weiss das! Das wäre dann weltweit fast flächendeckend ausgebreitete Coronavirus Ausbreitung! Hallelujah🌺🌟⭐

    Ich wünsche uns eine kraftvolle Gesundheit und eine bewusste, achtsame Lebenshaltung!

    SALVE HERZLICH BRIGITTE

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