Jalousien, Schattenspender
Zimmerpflanzen, Sonnenblende
überall glänzende Sonnencremeanwender
Wassereis tropft auf Streifenshirts und Beinzeigekleider
Schweiss tropft auf Schreibtische
dahinter Körper,
verzweifelt auf der Suche nach Geistreichem
Ventilatoren ventilieren
nichts als heisse Luft
durch Grossraumwohnzimmer
wo Zimmerpflanzen lechzen nach jedem Schattenschein
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Bäuche in bauchfreien Oberteilen dürsten
Bäuche in hochgekrempelten Herrenhemden dürsten
Bäuche unter Beinzeigekleidern dürsten auch
in Gärten öffnen sich Pappkartons mit Planschbecken
in Badeanstalten öffnen sich vollgepackte Kühltaschen
in Cafés öffnen sich die oberen Hemdsknöpfe
überall ein Öffnen und Dürsten,
sich Schälen und Schauen,
urtümlich ungeniert menschlich wie sonst kaum
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jetzt tummeln sich die Menschen
wie Tiere
um die Wasserlöcher und Weinspender
wo sie wilde Balztänze vollführen
flipflop-tragende quietschgrellbunte Nagellackfarben
fluten die Strasse
sie schwitzt
der Asphalt wird sonnenscheinweich
hier und dort räkeln sich Sonnenanbeter
ganz ohne Federkleid
zeigt sich die Haut frischluftfreudig
und knusprig wie Hähnchen frisch aus dem Bräter
sie werden erst rot, dann braun, dann wieder weiss
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ich springe über Schattenränder
durch die Hitze
sie kriecht unter meine Kleider
legt sich wie eine Decke über meine Haut
die Welt ist heiss, ich laufe aus
die Sonne brennt hehre Erwartungen
in die obersten Hautschichten
doch sie schält sich wie Orangen
und mit jedem Aperol
wird der Sommer
ein bisschen bewölkter
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abends suchen mich See-Sehnsüchte heim
hinter tiefhängenden Jalousien
strampeln Beine Bettdecken davon
andernorts wälzen sich menschliche Tiere in Laken
bis sich in der Nacht die Fenster öffnen
schlaflos warten sie
auf den erlösenden Abendhauch
ihre Hoffnungen an den Herbst hängend