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Und was, wenn es so richtig Sche*sse ist?

Es ist nicht die schöne Villa, die mir zeigt: He, du bist am richtigen Platz. Ein Schluss, der im so genannten Calvinismus gerne gezogen wurde und heute im Wohlstands-Evangelikalismus in den USA weiterlebt. Dass das Gugus ist, zeigt das Beispiel Viktor Frankl: Der österreichische Psychiater fand sogar im KZ ein “Ja zum Leben”. Gerne lesen wir über solch herausragende Menschen, sind vielleicht fünf Minuten lang inspiriert – und wenden uns dann wieder ganz den eigenen Verstrickungen zu. Doch die Option, sich auch auf diese Realität einzulassen, steht allen weit offen. Jede und jeder ist zu tausend Prozent fähig dazu. Warum dieser Weg viel mit Selbstsorge zu tun hat und wir heiter scheitern können, hört ihr in dieser heutigen Folge.

5 Kommentare zu „Und was, wenn es so richtig Sche*sse ist?“

  1. Vorneweg, das Buch „Über den Sinn des Lebens … trotzdem Ja zum Leben sagen“ – hat mein Lebensmodell sehr stark erschüttert – 1946, kurz nach dem 2.Weltkrieg, geschrieben. Der Psychologe und Neurologe Viktor Emil Frankl gehörte zu den Millionen von Menschen, die von den entsetzlichen Verbrechen der Nationalsozialisten betroffen waren. Er war zugleich aber auch einer der wenigen, welche die im Konzentrationslager erlittene Haft überlebt hatten.

    Doch trotz all des Leids, das er dort sah und erlebte, kam er zu dem Schluss, dass es selbst an Orten der grössten Unmenschlichkeit möglich ist, einen Sinn im Leben zu sehen. Seine Erinnerungen, sollen weder Mitleid erregen noch Anklage erheben. Sie sollen Kraft zum Leben geben.

    «Lust an sich», so Frankl, «ist nichts, was dem Dasein Sinn zu geben vermöchte. Glück soll und darf und kann nie ein Ziel sein, sondern nur das Ergebnis.» Von hier aus entwickelt Frankl nun den entscheidenden Gedanken, der den Kern des von ihm entwickelten existenzphilosophischen Konzeptes bildet: Die Frage kann nicht mehr lauten: «Was habe ich vom Leben zu erwarten?» sondern darf nur mehr lauten: «Was erwartet das Leben von mir?» Das Leben ist es, so Frankl, das Fragen an uns richte, auf die wir zu antworten haben. Nur indem wir darauf antworten, biete sich die Möglichkeit zur Sinnerfüllung.

    … Was blieb, war der Mensch, der «blosse» nackte Mensch. Alles war in diesen Jahren von ihm abgefallen: Geld, Macht, Ruhm; nichts mehr war für ihn sicher: nicht das Leben, nicht die Gesundheit, nicht das Glück; alles war ihm fragwürdig geworden: Eitelkeit, Ehrgeiz, Beziehungen. Alles wurde reduziert auf die nackte Existenz. Durchglüht vom Schmerz, wurde alles Unwesentliche eingeschmolzen – der Mensch schmolz zusammen auf das, was er letztlich war: entweder der Irgendeine aus der Masse, also niemand Eigentlicher, der Anonyme, das Namenlose, das «er» nur mehr war, etwa eine Häftlingsnummer; oder aber er schmolz zusammen auf sein Selbst.

    … Das Leben ist also irgendwie Pflicht, eine einzige grosse Verpflichtung. Und: wohl gibt es im Leben auch Freude – aber sie kann nicht angestrebt werden, nicht als Freude «gewollt» werden, sie muss sich vielmehr von selber einstellen – und sie stellt sich auch von selber ein, so wie sich eine Folge einstellt: Glück soll und darf und kann nie Ziel sein, sondern nur Ergebnis. Auf jeden Fall ist alles Glücksstreben des Menschen insofern verfehlt, als ein Glück ihm nur in den Schoss fallen kann, niemals jedoch sich erjagen lässt. Die Tür zum Glück geht «nach aussen» auf, das heisst, sie verschliesst sich gerade demjenigen, der die Tür zum Glück gleichsam einzudrücken versucht.

    … Das Schicksal, das also, was uns widerfährt, lässt sich auf jeden Fall gestalten – so oder so. «Es gibt keine Lage, die sich nicht veredeln liesse, entweder durch Leisten oder durch Dulden», sagt Goethe. Entweder wir ändern das Schicksal – sofern dies möglich ist – oder aber wir nehmen es willig auf uns – sofern dies nötig ist. Innerlich können wir an ihm, am Unglück, nur wachsen. Und jetzt verstehen wir auch, was Hölderlin meint: «Wenn ich auf mein Unglück trete, stehe ich höher.» Und wer höher steht, hat einen besseren Überblick. Er sieht Dinge kommen und ist vorbereitet.

    … Wie missverständlich muss es uns nun erscheinen, wenn Menschen einfach über ihr Unglück klagen oder gegen ihr Schicksal hadern. Was wäre aus uns geworden ohne je unser Schicksal? Wie anders als unter seinen Hammerschlägen, in der Weissglut unseres Leidens an ihm, hätte unser Dasein Form und Gestalt gewonnen? Wer sich gegen sein Schicksal – also gegen das, wofür er wirklich nichts kann und was er sicher nicht ändern kann – auflehnt, der hat den Sinn des Schicksals nicht erfasst. Das Schicksal gehört recht eigentlich so ganz zur Totalität unseres Lebens dazu und nicht das Geringste an Schicksalhaftem lässt sich aus dieser Totalität herausbrechen, ohne das Ganze, die Gestalt unseres Daseins zu zerstören.

    Das Schicksal gehört also zu unserem Leben dazu und so auch das Leiden; also hat, wenn das Leben Sinn hat, auch das Leiden Sinn: Auch das Leiden ist sonach, sofern notwendiges Leiden vorliegt, der Möglichkeit nach etwas Sinnvolles. Immer bietet das Leben eine Möglichkeit zur Sinnerfüllung, man könnte auch sagen, das menschliche Dasein lässt sich «bis zum letzten Atemzug» sinnvoll gestalten – solange der Mensch atmet, solange er überhaupt noch bei Bewusstsein ist, trägt er Verantwortung für die jeweilige Beantwortung der Lebens-Fragen. Dies braucht uns nicht zu wundern in dem Moment, wo wir uns darauf zurück-besinnen, was wohl die grosse Grundtatsache des Menschseins ausmacht – Menschsein ist nämlich nichts anderes als: Bewusst-Sein und Verantwortlich-Sein!

    Hat aber das Leben der Möglichkeit nach immer einen Sinn, hängt es also jeweils bloss von uns ab, ob es in jedem Augenblick mit diesem möglichen – ständig sich wandelnden – Sinn erfüllt wird, steht es also so ganz in unserer Verantwortung und vor unserer Entscheidung, diesen jeweiligen Sinn zu verwirklichen. Die Spielregeln verlangen ja von uns nicht, dass wir um jeden Preis siegen – wohl aber verlangen sie von uns, dass wir auf keinen Fall den Kampf aufgeben.

    Ich kann leider nicht alles abschreiben, aber so viel zum spirituellen Krieger vom letzten Mal, da wartet noch einiges auf uns 😉 Ja, lesen Sie es bitte selber. Nein, sie müssen es lesen!

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