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Stephans Bekenntnis…

Zum Schluss unserer aktuellen Staffel von «Ausgeglaubt» formulieren wir unser ganz persönliches Glaubensbekenntnis – und jetzt ist Stephan an der Reihe!
Manuel spricht mit ihm über den eigenwilligen Einstieg seines Textes, und dann auch über die Idee, dass Gott Platz macht, damit seine Schöpfung entstehen kann. Spannend wird auch die Diskussion über die Frage, ob es wirklich etwas gibt, was eine Schwimmübung im Rhein von einer kirchlichen Taufe unterscheidet, oder warum das Leiden und der Tod von Jesus es nicht in Stephans Bekenntnis geschafft haben …
Viel Spass mit dieser persönlichen Folge von «Ausgeglaubt»!

Und hier ist Stephans Bekenntnis im Wortlaut:

Ich vertraue darauf, Teil einer Kirche zu sein, in der sich Menschen seit Jahrhunderten versammeln, Bilder teilen und Worte weitergeben, denen ich Glauben schenken will.

Ich stelle mir einen Gott vor, der vor über 13 Milliarden Jahren Platz gemacht hat. Für das Universum, das ich nicht überblicke und unseren Planeten, auf dem ich lebe.
Aus diesem Gott sind wir alle und alles, was ist. Gott kennt jedes einzelne Leben und jedes Ding. Er sieht sie kommen, wachsen und vergehen. Alles hat seine Zeit. Alles bleibt in ihm geborgen.

Auch uns Menschen hat er Raum und Zeit gegeben.
Weil wir von ihm kommen, sind uns Räume und Zeiten zu eng. Wir fragen nach mehr und nach Sinn. Ich hoffe, dass das kein Zufall ist, sondern unsere Verbindung zu Gott.
Ich sehne mich nach Gottes Schönheit und fühle mich in ihm geborgen. In der Spur der biblischen Geschichten und dem Reich Gottes, das Jesus von Nazareth in unsere Welt gebracht hat, möchte auch ich Gottes Geist überall in dieser Welt entdecken: In Kunst, Beziehungen, gutem Essen, Religionen oder Philosophien. Und in mir selbst.

Ich spüre, dass Gott mich hört, wenn ich vor ihm schweige und Anteil nimmt an dem, was mich beschäftigt, erfreut oder bedrückt.
Ich habe gelernt, dass ich Schuld loslassen kann und frei werde. Und ich vertraue darauf, dass andere auch meine Schuld loslassen werden.
Ich hoffe, dass Gottes Liebe uns alle gewinnen wird. Stärker wird als unsere Ängste, mächtiger als der Tod. Überraschend wie Auferstehung.
Ich wünsche mir, dass ich in dieser Hoffnung fröhlich leben und neugierig sterben werde. Und dass mich nichts je von Gottes Liebe trennt.

13 Kommentare zu „Stephans Bekenntnis…“

  1. Zur Thematik wie Gott und seine Schöpfung miteinander verbunden sind:
    Mit der Gotteszeugung des Sohns an Weihnachten verbindet sich Gott auf eine neue Weise mit seiner auf den Kältetod zusteuernden Schöpfung. Genauer verbindet er sich mit dem Menschen. Allerdings bringt er den alten Menschen erst ins Grab. Heraus kommt ein neuer Mensch, ein geistlicher Leib, der auf eine neue innige Weise mit Gott verbunden ist. In diesem neuen Menschen soll die Fülle Gottes wohnen. Durch Wiedergeburt erhalten wir Anschluss daran. In diesem Menschen möchte Gott seine ganze Schöpfung zusammenfassen – als Zielzustand der Erlösung und Zurückweisung gottfeindlicher Mächte (vgl. Eph 1,9.10 und Kol 1,15-20).

    1. Danke, für deinen Kommentar. Wo erlebst du, dass sich Gott mit der Schöpfung neu verbunden hat oder wir wiedergeboren werden? Und was bedeutet es, dass Jesus Christus das Telos der Schöpfung ist, angesichts der Klimakatastrophe? Freue mich von dir zu lesen, herzlich! Stephan

      1. Hi Stephan, was ich oben versucht habe ist, die notwendige Schöpfungserneuerung (=Todesüberwindung, Reich Gottes) durch den lebendigmachenden Geist in Kurzform zu skizzieren. Der neue Mensch Christus und die ihm angehören sind bereits Teil davon und an die Quelle des Lebens angeschlossen. Nach dem Jesuswort an Nikodemus ist die Wiedergeburt durch den Geist ein Muss-Kriterium für die Teilhabe an seinem Reich. Ich persönliche erfahre meine Wiedergeburt nicht, weil es mir mein Pastor oder ein Theologieprofessor oder die Kirche sagt, sondern weil es mir der Geist Gottes selbst bezeugt, dass ich sein Kind bin (vgl. Röm. 8,16).

        Das Erlösungswerk Christi von der Sünde legt die Basis für die Schöpfungserneuerung. Diese beginnt beim Menschen, weil er dazu bestimmt ist, die Schöpfung zu bebauen und zu bewahren. Der Rollout der Schöpfungserneuerung erfolgt aber sukzessive bis dass Gott sei alles in allen.

        Wenn ich deine Frage richtig verstehe, geht es dir darum, wo denn die guten Auswirkungen zu sehen sind, wenn sich Gott in Christus doch wieder neu mit der Schöpfung verbunden hat. Ich denke, die Salz und Lichtfunktion hat sich schon erfüllt, indem die von christlichen Werten geprägten Länder heute die gefragesten Einwanderungsländer sind. Das Salz kann aber auch taub werden… Es würde den Rahmen jetzt sprengen, den Plan der sog. Heilsgeschichte weiter auszuführen. Sie hat aber ganz gewiss mit dem öffentlichen Erscheinen des Christus zu tun. Er ist auch Herr über Wellen, Sturm und Klimakatastophen (d.h. natürlich nicht, dass wir heute nicht umweltbewusst leben sollen).

        Insgesamt sind mir die Bekenntnisse irgendwie zu lieb, wenn ich das bemerken darf. M. E. nehmen sie nicht genügend auf, dass das Ausbreiten des Guten gleichzeitig eine Zurückweisung von Chaosmächten darstellt (Im Apostolikum kommt das dagegen schon (indirekt) vor.)

        1. Vielen Dank für die Ausführungen. Mir geht es eben in einem persönlichen Bekenntnis darum, zu bezeugen, was ich hoffe und wie ich in meiner Tradition Gott erfahre. Das ist kein Apostolikum und keine dogmatische Ausführung. Die gibt es schon und ich finde vieles davon lesenswert. Lieber Gruss, Stephan

  2. Lieber Stephan: Ganz herzlichen Dank für dieses unorthodoxe und sehr persönliche Bekenntnis!
    Dein subjektivistisch gefärbter Ansatz unterscheidet sich doch ziemlich von meinem eher analytischen und natürlich-theologischen Denken. Ich reibe mich auch an einigen Formulierungen, die man als Relativismus interpretieren kann. Genau diese Differenzen haben mich aber bereits zu vielen Gedanken angeregt, was ich als wertvoll empfinde.
    Ich freue mich jedenfalls auf Ausgeglaubt 2022!

    1. Merci, lieber Jean-Marc! Ja, mein Bekenntnis ist doppelt relativistisch. Einmal gegenüber der Kirche, denn mein Glaube kommt von ihr her. Und einmal gegenüber mir selbst, weil ich mich in meinem Glauben denke und hoffe.
      Freue mich auf dein Mitdenken auch im neuen Jahr!
      Stephan

  3. Interessant.
    Ein postniceanisches Zeitdokument sondergleichen.
    Vater, Sohn und der Heilige Geist: sie bleiben aussen vor, doch der exakt datierte Urknall schafft „Raum und Zeit“ fürs hedonistische Ego, das sich im „Reich Gottes“ schon auf Erden austoben und in Gottes Liebe baden darf. Gerechtigkeit oder Gericht: Fehlanzeige. Fleischwerdung, jesuanische Brüderlichkeit, Hinwendung zum Schwächsten, Feindesliebe: Fehlanzeige. Schuld kann man meditativ „loslassen“ und darf darauf rechnen, dass der Nebenmensch egal welcher Weltreligion in „Religion und Ethik“ auch die „goldene Regel“ erlernt hat und einem die eignen Schulden nachsieht. Die biblische Überlieferung verdampft zur „Spur“.
    Wahrlich, so lässt sich – alimentiert per 25. des Monats von der Kirchensteuer der noch nicht ausgetretenen -: fröhlich leben und neugierig sterben.
    Es ist ein aufrichtiges Bekenntnis zur grassierenden Genusspflicht, Zwangsfröhlichkeit und Vulgäraufklärung. Was ist daran christlich? Ich frage.

      1. Lieber Stephan Jütte, vieles Fragwürdige hat ja der Mit-Doktor Manuel Schmid in der Audio-Episode angesprochen (die ich vor der pointierten Niederschrift meines Kommentars noch nicht gehört hatte), und einiges wurde dann auch von Dir breiter ausgeführt. Es bleibt ein sehr individuelles Bekenntnis das kerygmatisch eher auf das Sofa der vulgärsäkularen hedonistischen Nerds schielt, als es im Rahmen der Noch-Kirche bethlehmische Stallwärme verbreiten würde. Das Bekenntnis-Thema habe ich eben noch auf Gemeinde-Ebene, angeleitet von einem sehr klugen Reader aus der Hand von Dr. Dr. Matthias Krieg und dem späteren Predigt-Preisträger Thomas Muggli-Stokholm behandelt. Wenn nun der Urknall 14 oder 15 Milliarden Jahren vor Christus wird stattgefunden hat, dann gerät Stephan Jütte in den „status confessionis“? Imho: es wurde die Textgattung verfehlt. Das Bekenntnis von Manuel Schmid liegt näher an dem, was mir tauglich erscheint. Die säkulare Story: werde ich gesondert würdigen. Die ist sehr interessant.

  4. Vielen Dank für diese persönlichen Glaubensbekenntnisse. Die beiden letzten Folgen fand ich sehr spannend. Beim Bekenntnis von Stephan ist mir sympathisch, dass das „Vertrauen“ stärker zum Tragen kommt als das „Für wahr halten“. Dieses Vertrauen verbindet letztlich die Gläubigen aller Religionen, während Glauben im Sinne von „Für wahr halten“ schnell mal gefährlich werden kann im Sinne eines Wahrheitsanspruchs, den ich mit allen Mitteln verteidigen muss, im allerschlimmsten Fall auch mit der Ausschaltung meines Gegenübers („Glaubenskrieg“).

    1. Vielen Dank! Das geht mir übrigens tatsächlich öfter so, dass ich denke: Ja, ich sehe das zwar anders, aber ich verstehe, dass es dir gleichermassen Halt gibt, wie meine Hoffnung mir Halt gibt. Lieber Gruss!

  5. Mein Bekenntnis:

    Kurze Version:
    Ich glaube an Gott.
    Und ich glaube an Jesus von Nazareth, den Sohn Gottes.
    Und ich glaube an den Heiligen Geist, die Erfahrung Gottes in Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes.

    Lange Version:
    Ich glaube an Gott,
    den “Ich bin der Vater”, “Du bist der Sohn” und “Wir sind ein Sein im Heiligen Geist”.
    Und ich glaube an Jesus von Nazareth, den Sohn Gottes,
    den “Du bist der Vater”, “Ich bin der Sohn” und “Wir sind ein Sein im Heiligen Geist”.
    Und ich glaube an den Heiligen Geist, die Erfahrung Gottes in Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes,
    den “Ich bin”, “Du bist” und “Wir sind ein Sein”.

    Der Heilige Geist kommt von Gott, dem Vater, und führt den Menschen in die Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, in Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes. Durch den Heiligen Geist lebe ich in Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, in Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes. Die Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, in Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes, wird vollkommen, wenn die Sünde in der Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, in Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes, durch den Heiligen Geist ganz in Gott aufgelöst ist. Alles was ich tun kann ist mich in die Gemeinschaft mit Gott zu begeben und mich von ihr verwandeln zu lassen bis ich von Neuem aus Gott, dem Vater, in Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes, durch den Heiligen Geist geboren bin. So wie Jesus von Nazareth Gott wurde im Sohn Gottes durch den Heiligen Geist, so werde auch ich Gott im Sohn Gottes durch den Heiligen Geist.

    Dies sind die einzigen zwei Gebote, die mir Gott in Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes, aufgetragen hat: Liebe Gott, den Vater, in Jesus von Nazareth, dem Sohn Gottes, in der Erfahrung des Vaters im Sohn, dem Heiligen Geist, mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Verstand. Und liebe den Menschen. Ungeachtet davon, ob er dein Freund oder Feind ist. In diesen zwei Geboten ist die ganze Verwandlung in der Liebe enthalten.

    Darum bete ich: Danke, Vater, danke. Danke für den Heiligen Geist, die Erfahrung des Vaters im Sohn. Danke, Vater, danke. Danke dafür, dass ich danke sagen darf.

    Als Jesus von Nazareth, der Sohn Gottes, starb, so trennte sich der Sohn Gottes, die Erfahrung des Vaters im Sohn, der Heilige Geist, von Jesus von Nazareth. Er bekehrte die Hölle, tötete den Tod und erstand von den Toten auf, da der Tod ihn nicht mehr halten konnte. Die Erfahrung des Vaters im Sohn, der Heilige Geist, wurde frei und für die Schüler Jesu von Nazareth auch ohne den körperlichen Jesus von Nazareth, den Sohn Gottes, erfahrbar. Sie trugen die Botschaft Jesu in die Welt und mit ihnen Begann das Reich Gottes in der Welt. Sie bilden den Grundstein für die Kirche, an die ich heute, den 25. Januar 2022, glaube.

    Was ich glaube:

    Als Gott sich als Gott erkannte ging aus ihm der Sohn hervor. Gott wurde zum Vater im Sohn. Aus dem Sohn und dem Vater ging die Schöpfung hervor. Weil Gott Mensch wurde im Sohn, kann auch der Mensch Gott werden im Sohn. Dazu bedarf es der Erfahrung. Der Erfahrung des Vaters im Sohn, dem Heiligen Geist. Sie kommt vom Vater und verwandelt den Menschen zu Gott im Sohn. Dies ist die Neugeburt des Menschen aus Gott durch den Vater im Sohn in der Erfahrung des Vaters im Sohn, dem Heiligen Geist. Wer “Vater” spricht, spricht “Vater” im Sohn und in der Erfahrung des Vaters im Sohn, dem Heiligen Geist. Durch die Erfahrung der Schöpfung im Vater schimmert die Erfahrung des Vaters im Sohn. Diese gilt es zu verwirklichen. Diese gilt es zu sein.

    1. Danke Benjamin für deine eigene, persönliche, erfrischende Formulierung eines Glaubensbekenntnisses! Mit durchaus eigenwilligen Deutungen…;-)

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