«Jenseits der Vorstellungen von richtig und falsch liegt ein Ort, dort werde ich dich treffen.»
Diesen vielschichtigen Satz aus einem Gedicht des Mystikers Dschalāl ad-Dīn Muhammad Rūmī – kurz Rumi – habe ich bei meinem Eintritt ins RefLab als Leitspruch gewählt. Nun habe ich die Gelegenheit ergriffen, einen Sufi und Imam zu Rumi zu befragen: Peter Hüseyin Cunz.
Cunz ist Scheich des Sufi-Ordens Mevlana. Seit 1999 trägt er diesen Ehrentitel, der ihn als Lehrbevollmächtigter des Ordens ausweist, der auf Rumi zurückgeht.
Experte für Energie
Cunz lebte den Sufismus auch in seinem beruflichen Alltag: nicht indem er davon redete, sondern in einer Praxis der Menschenfreundlichkeit.
Sitzungen lassen sich für alle angenehmer gestalten, wenn ein nachsichtig-liebevoller Geist herrscht.
Als an der ETH Zürich ausgebildeter Elektroingenieur war Cunz vor seiner Pensionierung als Experte für Internationales beim schweizerischen Bundesamt für Energie tätig – und kam in dieser Funktion viel in der Welt herum.
Von Schweizer Medien wird er angefragt, wenn es um Stellungnahmen zum Islam geht, auch zum Islamismus. Oder aber wenn über den spektakulären Drehtanz der Derwische berichtet wird.
Cunz praktiziert diese anspruchsvolle Meditationsform bis heute. Als spiritueller Lehrer weist er andere in die islamische Mystik ein.
Im Podcastgespräch gibt er Einblicke in seine überaus spannende Biografie und erzählt auch von der Herausforderung als Schweizer und Muslim, der den Islam verteidigt, nicht aber den Fundamentalismus.
Übrigens: Beim 2. RefLab-Podcastfestival «Alles wird gut» am 6. und 7. September 2025 in Zürich, mit vielen tollen Gästen (von den Pfarrerstöchtern über Olivia Röllin bis zu Wolfgang M. Schmitt), kannst du an geführten Meditationen des Netzklosters teilnehmen. Mein Gast beim Festival ist der Jesuit, Zen-Meister und Bestsellerautor Niklaus Brantschen. Wir unterhalten uns über sein jüngstes Buch: «Du bist die Welt. Schamanischer Weisheit auf der Spur» Sichere dir Karten!
Mein Podcast «TheoLounge» wird ab Herbst mit neuem Namen weiterlaufen: «Himmel und Erdung. Spirituell leben in der NetzZeit».
Eine Frage der Interpretation
Aufgewachsen Peter Hüseyin Cunz in der Schweiz, als Reformierter. Als junger Mann verliess er die Kirche.
«Ich habe zunehmend gemerkt, dass die Kirche nicht das macht und vertritt, was Jesus wirklich verkündet hat. Das ist natürlich eine Interpretationsfrage.»
Cunz fand zum Sufismus, der islamischen Mystik. Dass der Koran seine Bilder aus den biblischen Geschichten bezieht, trug mit dazu bei, dass die Welt des Korans bei aller Exotik seine Heimat wurde.
Jenseits von richtig und falsch
Islamistische Gewalt- und Terrorakte gab es bereits zu der Zeit, als er Muslim wurde. Dies hat sich dann in den kommenden Jahrzehnten aber in einer Weise zugespitzt, die unmöglich vorhersehbar war.
Inzwischen erleben wir auch auf der christlichen Seite Formen des religiösen Fundamentalismus.
Dazu zählen auch Fantasien der Gewalt: einer gewaltigen, apokalyptische Endschlacht zwischen Gut und Böse.
Wenn sich Fronten verhärten, ist es immer gut, den persischen Mystiker Rumi (1207-1273) hervorzuholen.
«Das Leben ist kurz wie ein halber Atemzug – pflanze nichts als Liebe.»
«Finde das Schöne in deinem Herzen, auf dass du es in jedem Herzen entdeckst.»
Und: «Jenseits der Vorstellungen von richtig und falsch liegt ein Ort, dort werde ich dich treffen.»
«Drehend zu Gott»: Unter diesem Titel befragte meine Kollegin Leela Sutter Peter Cunz speziell zum Derwisch-Tanz in ihrem Podcast «Holy Embodied» mit dem Schwerpunkt body-mind-balance.
Foto tanzende Derwische von svklimkin auf Unsplash; Musik im Podcast, Ottoman Taksim Music, Pixabay