Dann würde man feststellen, dass erstaunlich viele Menschen gern in Kirchen gehen, um eine Kerze zu entzünden. Oder kleine Bronzeengel verschenken. Oder sich sorgfältig auf Weihnachten vorbereiten. Oder heimlich beten. Oder regelmäßig Konzerte geistlicher Musik besuchen. Oder pilgern. Oder fasten. Oder oder oder.
Solche unscheinbaren Formen spätmodern-christlicher Frömmigkeit hat der Praktische Theologe Kristian Fechtner von der Universität Mainz erkundet, ergründet und ein schönes Buch darüber geschrieben («Mild religiös», 2023). Und zwar mit Sympathie. Denn er hält viel von diesen Gestalten eines milden Christentums, die bei Gelegenheit aufleben, dabei aber stets etwas mit dem Leben der Menschen zu tun haben, die sie pflegen. Damit stellt er sich gegen eine alte und immer noch mächtige theologische Tendenz, die den Glauben vor allem normativ begreift – von der dogmatischen Lehre oder der kirchlichen Institution her. Nach ihr ist die Frömmigkeit, die «die Leute» selbständig gestalten, nie gut genug.
Fechtner geht menschenfreundlicher, entspannter und konstruktiver mit der Gretchenfrage um und kommt zu positiveren Ergebnissen. «Wie hältst du’s mit der Religion – der Menschen heute?» Da gibt es mehr, was sich wertschätzen und wohlwollend bedenken lässt. Dass es leise, unaufdringlich, leicht zu übersehen, nicht medientauglich ist, spricht nicht dagegen, sondern dafür. Denn diese Frömmigkeit hat ihren Sinn nicht darin, sich über andere zu erheben oder von anderen abzugrenzen, sondern dem eigenen Leben (und dem der Nächsten) zu dienen.
Hinweis: Lesenswerter Blogbeitrag «Diskrete Spiritualität» von «Fokus Theologie» zum Buch von Kristian Fechtner.