Dein digitales Lagerfeuer
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 Lesedauer: 3 Minuten

Wut tut gut – aber nur mit Kaffee

Drei Jahre Hassliebe auf Facebook

Ich kannte sie nicht. Nie getroffen. Aber ihre Posts auf Facebook haben mich regelmässig in Rage versetzt. Provokant, fordernd, laut – und immer wieder in meinem Feed. Drei Jahre lang hat sie mich beschäftigt und genervt… bis ich mir dachte:

«Du hast schon viel zu viel Energie auf imaginäre Streitgespräche mit ihr verbraten – warum triffst du die Frau nicht einfach?»

Ich habe sie also angeschrieben. Und ein paar Wochen später sassen wir uns in einem Zürcher Café gegenüber. Spoiler: Wir sind nicht Freunde geworden – aber ich habe gelernt, ihre Leidenschaft, ihre Wut, ihren Gerechtigkeitssinn zu sehen. Und seither regen mich ihre Posts nicht mehr auf. Manche like ich sogar.

Social Media – der perfekte Ort für Eskalation

Diese Plattformen bringen uns zusammen – und treiben uns gleichzeitig auseinander. Was früher ein Gespräch unter vier Augen war, wird heute zur öffentlichen Schlammschlacht. Und das oft ohne Anstand, Fairness oder auch nur ein Minimum an Reflexion.

Menschen sind bereit, sich auf Facebook oder anderen Plattformen Dinge zu sagen, die sie in einer Begegnung auf Augenhöhe nie äussern würden.

Empörung verkauft sich gut. Likes, Shares und Kommentare belohnen Wut statt Argumente. Und wer sich reinhängt, wird von der Logik der Plattform mit immer mehr «passendem» Content gefüttert. Willkommen in der Echokammer.

Wut ist nicht das Problem

Dabei finde ich: Wut ist sogar wichtig. Ein Zeichen dafür, dass einem noch was nicht egal ist. Dass man sich reibt, kämpft, hofft. Nur: Sie muss irgendwo hin. Sie muss verarbeitet werden, transformiert – sonst frisst sie sich fest.

Wut ist gut. Aber sie braucht eine kreative, konstruktive Verarbeitung.

Wer seine Wut nutzt, um Dinge zu verändern, ist Teil der Lösung. Wer sie nur rausbrüllt, wird Teil des Problems.

Hass killt alles

Wenn Wut stagniert, wird sie bitter. Und dann kommt der Hass – kalt, selbstgerecht, ohne Lernbereitschaft. Hass will nicht mehr verstehen, nicht mehr zuhören. Er beendet den Dialog, bevor er begonnen hat. Und er verändert Menschen – aber nicht zum Guten.

Probier’s mal mit Zuhören

Ein persönliches Gespräch ersetzt keine Online-Debatte. Aber es kann vieles verändern. Es stellt Nähe her, wo vorher nur Klischees standen. Es macht aus einem Störfaktor einen Menschen. Und manchmal sogar einen, den man «liken» kann.

 

 

Dieser Beitrag ist unter dem Titel «Ach, regt mich diese Frau auf!» am 14. Februar 2020 in einer ausführlicheren Version schon erschienen. Er wurde vom Autor mit Hilfe von KI gekürzt und überarbeitet. 

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