Dein digitales Lagerfeuer
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 Lesedauer: 4 Minuten

Was heisst «Frieden» aus einer non-dualen Perspektive?

Meine letzte Demo ist etwa 20 Jahre her. Als Gymischülerin war ich leidenschaftliche Demonstrantin, marschierte gegen den Krieg im Irak, malte Transparente, war überzeugt davon, dass wir einen Unterschied machen können.

Noch lange blieb mir mein Idealismus erhalten.

Rund um mich herum beobachtete ich, wie sich ehemalige Mitstreiterinnen und Mitstreiter in FDP-wählende, karriereorientierte Erwachsene verwandelten. Erst war ich empört, doch dann resignierte auch ich. Mein Boykott von gewissen Dingen schien niemanden zu interessieren.

Krieg vs. Frieden im Innern

Die letzten Jahre habe ich vor allem in Stille verbracht. Im Innern, sozusagen. Habe Frieden in mir geschaffen – oder Frieden schaffen lassen.

An der Tagung kürzlich in Kappel am Albis bot ich ein Atelier an mit dem Titel «Frieden beginnt in deinem Körper». Es beginnt im Innern – ist doch unser Innenleben das, was das Aussen projiziert. Im Sinn von:

Das Leben fliesst durch dich durch wie das Licht durch ein Kaleidoskop – und je nachdem wie du geschüttelt bist, wirfst du andere Muster in die Welt.

Herrscht in mir ein ständiger Krieg, dann werfe ich das als Muster in die Welt. Ganz simpel: So wie ich mit mir selbst umgehe, gehe ich mit andern um. Wenn ich mit mir kaltherzig und geizig umgehe, tue ich das auch mit andern. Es ist wüki wahr, dass ich tatsächlich erst dann andere lieben kann, wenn ich mich selbst liebe. So verstehe ich auch das Gebot der Selbstliebe im zweiten Testament: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Mehr noch, ich sehe darin auch diese non-duale Wahrheit «sehe dich selbst in jedem andern Menschen – da ist kein anderer, das bist alles du!».

Dich nicht selbst im Stich lassen

Dabei sind es kleine Dinge, die ins uns selbst Krieg sind: Über körperliche Bedürfnisse wie Hunger oder Müdigkeit hinweggehen. Mir nicht erlauben, mich genügend zu erholen. Oh, wie unterernährt ist unsere Erholung! Oder die Gedanken: «Das ist ein Problem, das mag ich nicht», «So sollte das nicht sein».

Schon nur alleine ein solcher Gedanke ist ein kleiner Un-Frieden. Und dieser kleine Un-Frieden projiziert in die Welt.

Ja, wie projiziert mein Wesen, wie ist mein Kaleidoskop geschüttelt – welche Qualität trage ich in die Welt? Das ist das Entscheidende.

Und das ist auch das Herausfordernde:

Denn WIE Frieden im Innern aussieht, ist nicht über das Befolgen von Regeln herzuleiten.

Einzig über ein immer wieder von Neuem, immer wieder mutigen Hinhören. Hinhören auf Bedürfnisse, Hinhören auf «was fühlt sich nach Ausatmen an», Hinhören auf die Stille.

Keine «one size fits all» Lösung – aber simpel und konkret

Das ist kein resigniertes Aufgeben in die Individualität. Frieden zu leben ist eine unglaublich kraftvolle Sache, eine unglaublich politische auch. Radikal. Nochmals, WIE das aussieht ist keine «one size fits all»-Angelegenheit. Für mich zum Beispiel ist es, radikal Gott als Priorität zu setzen. Gott als die Stille, Gott als die Quelle allen Seins, Gott in einem non-dualen Sinn.

Das ist mein Kompass. Nicht «was man sollte» oder «so bist du ein guter Mensch». Konkret heisst das: Ich setze mich immer wieder in das im Körper erlebte Gefühl von Frieden für alle ist möglich. Gaza kann eine blühende Region sein, wo die Diversität der Kulturen gleichberechtigt gefeiert wird. Es ist möglich, dass wir aus dem Kampf von «ich versus die andern» aussteigen. Wann und wie, das weiss ich nicht. Aber ich kann im Wissen, im Erleben von der Möglichkeit verweilen. Und das, eben diese Möglichkeit, in die Welt projizieren, in die Welt tragen.

So entziehe ich mich dem kollektiven Narrativ von einem defizitären Zustand der Welt, ein Narrativ, das mich nicht aus Klarheit handeln lässt, ein Narrativ, dass mich klein hält und mich glauben lässt, ich könne ja doch nichts tun. Das stimmt nicht.

Mein innerer Frieden ist ein konkreter Beitrag für den Weltfrieden.

Und beginnt vielleicht in einem täglichen zehnminütigen Sitzen in der Stille. Simpel. Konkret. Unaufgeregt. Und unendlich kraftvoll.

 

Foto von Priscilla Du Preez auf Unsplash

5 Gedanken zu „Was heisst «Frieden» aus einer non-dualen Perspektive?“

  1. Danke für diesen inspirierenden Beitrag, den ich heute morgen als erstes gelesen habe. Ja, das sehe ich wie du: auch mir ist das Handeln aus der Stille über die Jahre hinweg immer wichtiger geworden. Innen und Aussen gehören zusammen und sind nicht getrennt!

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    • Danke liebe Helena – dein Kommentar stimmt mich umso hoffnungsvoller oder optimistischer, im Sinn von: da gibt es so viele Menschen, die ähnlich unterwegs sind <3

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