Andi und Thorsten greifen noch einmal die viel verhandelte Frage auf, ob man die Auferstehung als eine historische Tatsache oder als ein leibhaftiges Geschehen bezeichnen muss oder kann. Sie stellen unterschiedliche Argumente und Beobachtungen vor und erkennen: Die Antwort auf diese Frage hat sehr viel damit zu tun, was uns überhaupt als wahr und wirklich einleuchtet.
Dass die ersten Zeuginnen und Zeugen der Osterbotschaft sich von einer Erfahrung herausgefordert sahen, die gerade nicht einzuordnen ist in Vorstellungen, die man immer schon mitbringt, kommt viel zu kurz.
Sodann wenden sie sich der Frage zu, was die Auferstehung heute bedeutet; und welche theologische Deutungen ihnen in ihrem Leben wirklich als hilfreich und erfreulich eingeleuchtet haben.
Was berührt uns an dieser Botschaft, so, dass wir nicht nur darüber nachdenken, sondern Hoffnung und Geborgenheit schöpfen, etwas mitnehmen, was wir besingen und feiern wollen? Wie reden wir von einer Wirklichkeit, die wir nie wirklich in den Griff kriegen und die uns doch immer wieder berührt und Ergriffenheit schenkt? Und wie können wir von dieser Botschaft reden, dass sie sich als fröhliche und befreiende Hoffnung wirklich für alle Menschen erweist?
13 Gedanken zu „Ist Jesus wahrhaftig auferstanden?“
Vielen Dank für die letzten beiden Folgen, die ich sehr wertvoll fand.
Ich studiere Ev. Theologie auf Lehramt an einer Universität hier in Norddeutschland, und systematische Reflexionen z.B. über die Bedeutung des Kreuzes oder auch Fragen nach der Bedeutung der Historizität des Wirkens, Sterbens und der Auferstehung von Jesus Christus stellen für mich immer wieder Irritationsmomente dar, obwohl oder vielleicht gerade weil ich eher kirchenfern aufgewachsen bin.
Auch wenn ich von meinen Dozierenden nur das Beste berichten kann, bleibt zumindest für mich persönlich die Problematik, dass diese Fragen im hektischen Vorlesungsbetrieb nur oberflächlich behandelt werden können, was die Irritationsmomente eher noch verstärkt (wobei natürlich zu bedenken ist, dass wir Religionslehrerinnen und Religionslehrer uns neben den theologischen Inhalten primär mit Dingen wie Fachdidaktik und unseren Zweitfächern beschäftigen, was die Tiefe der theologischen Inhalte zwangsläufig verengt).
In diesem Sinne bedanke ich mich herzlich für die letzten beiden Folgen, die mir als erste Orientierungshilfe sehr geholfen haben, mich den angeschnittenen Themen etwas anzunähern.
Ich werde das Name-Dropping gerne zum Anlass nehmen, mich mit den angesprochenen Theologinnen näher zu beschäftigen.
Vielen Dank für die Rückmeldung, freut uns sehr! Und ja, Name-Dropping ist bisweilen ein theologisches Laster… Aber es ist genau so gemeint, wie aufgefasst: es sind Anregungen, mit wem sich das Gespräch fortsetzen lässt, denn wir alle sind und bleiben in theologischen Fragen Lernende, Lernende, Lernende. Liebe Grüsse, Thorsten
Hammer !!! Ich bin restlos begeistert, bin in der Folge immer wieder hin und her gesprungen, um alles zu verstehen. Besonders die letzten 10 Minuten und das, was Andi von seiner Ehefrau erzählt hat, hat mich ganz tief berührt, unglaublich ermutigend. Ich kann nur staunen, was manche Menschen am Ende ihres Lebens durch ihren Glauben in die Welt bringen. Ich finde es ebenso erstaunlich, dass der Glaube von Andi diesen Tod „überlebt“ hat. Da ist man ja so nah dran an der Theodizee-Frage….
Mir hat gefallen, was Mariann Edgar Budde in ihrer Predigt auf dem Kirchentag in Hannover gesagt hat: „Resurrection is not something that happened once – long ago – it‘s part of our journey […] from grief to joy again, a journey from fear to courage.“ Ich glaube ich weiß, was sie damit meint. Ich saß abends alleine in meinem Zimmer, bei meinen Eltern im Dachgeschoss & ich war zerfressen, zerstört, müde und innerlich leer und voller Verzweiflung. An diesem Abend – ich mach’s kurz: 5 Sekunden, die mein Leben verändert haben. 5 Sekunden Auferstehung für mich. Ich bin danach zwar noch (mindestens !!!) 100 Mal rückfällig geworden, aber ich war nie wieder die Gleiche, weil Jesus mich liebt und unermüdlich Scheiße zu Gold macht (macht ihm offenbar Freude). Ich habe dieses Erlebnis bis heute nicht verarbeitet.
Für mich bleibt die Frage: Warum „passiert“ Glaube bei manchen & bei manchen nicht ? Das verstehe ich nicht, muss wohl offen bleiben (so gerne hätte ich ein System !!!). Und was ich aber sehr schade finde ist, dass hier immer weniger Menschen überhaupt mit dem Glauben in Berührung kommen, ich hoffe es geht uns nicht verloren.
Herr D. sagt, dass gar nirgends der Anspruch erhoben wird, dass sich die Evangelien immer auf die Realität beziehen und keine fiktiven Abschnitte enthalten. Aber erheben nicht gerade die ersten Verse im Lukas-Evangelium genau diesen Anspruch?
1 Nachdem viele es unternommen haben, einen Bericht über die Tatsachen abzufassen, die unter uns völlig erwiesen sind,
2 wie sie uns diejenigen überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind,
3 so schien es auch mir gut, der ich allem von Anfang an genau nachgegangen bin, es dir der Reihe nach zu beschreiben, vortrefflichster Theophilus,
4 damit du die Gewissheit der Dinge[a] erkennst, in denen du unterrichtet worden bist.
Das ist ja genau das, was wir auch würdigen: Die Evangelien sind keine Legenden- oder Märchensammlung, es sind geschichtshaltige Texte, absolut. Und: diese Verse werden in bestimmten Formen der Apologetik total überstrapaziert. Zunächst einmal ist das ja hier das Verfahren von Lukas. Im Johannesevangelium könnte das so am Anfang keineswegs stehen. Lukas ist das absolute neutestamentliche Maximum der Annäherung an das, was in der Antike Geschichtsschreibung war. Schon damals hätte man fragen können: warum berücksichtigt Lukas nur die Überlieferung derer, die Diener des Wortes waren und keine kritischen Zeugnisse? Und das ist immer noch was anderes als kritische Geschichtsschreibung heute. Insofern ja, geschichtlich ernst nehmen, aber eben auch wissen: So etwas wie der Anspruch, dass es keine fiktiven Abschnitte geben kann, ist keineswegs ein antiker oder lukanischer Anspruch. Das gilt für die anderen umso mehr. Liebe Grüsse, Thorsten Dietz
Der Ansatz Pannbergs wird im (vollständigen) Beitrag von Thorsten Dietz aufgenommen und weitergeführt. Die Auferstehung steht für die Verheißung Gottes. Wie wir auf Erden gelebt haben, ist am Ende nicht egal, sondern muss seinen Sinn finden. Ostern ist ein Versprechen Gottes: Es wird Sinn im Ganzen geben. Für den Gesprächspartner von Dietz ist Auferstehung nicht greifbar, nicht historisch festzulegen. “Da ist etwas geschehen” wird für ihn zum Auftakt, unser Leben vom Ende her zu denken. Nur seine feste Überzeugung “es ist kein Konstrukt” steht etwas sehr auf wackeligem Boden Er macht es daran fest, wie die ersten Christen vom Osterglauben begeistert und gepackt waren. Meine Frage ist jedoch: Bleibt der Ansatz nicht zu sehr dem Aufklärungsdenken verhaftet? Wird der Mythos letztendlich nicht doch existential interpretiert? Ständig wird in dem Beitrag versucht, auf das Historische zurückzugreifen. Da wird Bonhoeffer zitiert (im Ansatz Pannenbergs liegt dieser Rückgriff auch schon begründet). Aber ich meine: Dieser Rückgriff gelingt nicht überzeugend. Vom Dogma auf das Historische zurückzugreifen, ohne sich vom Historischen abhängig zu machen. Das ist schwierig, da am Ende nur eine dogmatische Aussage bleibt oder eben das übliche historische Herumstochern. Gibt es nicht andere Ansätze, die einem größeren Entwurf nahekommen? Stichpunkte: Das Damaskuserlebnis des Paulus wird zitiert, geht jedoch in einer heutigen Erfahrung auf, Jesus sei halt irgendwie überall gegenwärtig. Das Phänomen von Erscheinungen und Visionen wird blass – und fast nur als literarischer Text – aufgenommen. Kann man das nicht konkreter fassen? Auch stellt sich mir die Frage, ob die Singularität der Auferstehung Christi wirklich der Bibel entspricht? Da gibt es viel allgemeinere Aussagen, die den Zusammenhang eines irdischen und eines eschatologischen Lebens grundsätzlicher fassen. Ein “neuer” Entwurf ist das Interview nicht – und auf einen “großen” werden wir vermutlich noch lange warten müssen. Ob die Autoren uns mit einem solchen Entwurf noch überraschen werden?
Herumstochern ist mir in meinem Leben eigentlich immer sympathischer geworden. Ich hatte in meiner ersten Lebenshälfte reichlich Erfahrung mit grossen Entwürfen, die alles wussten und konnten. In der Theologie gibt es sehr viel Pfeifen im Wald, sehr viel Gewissheitsbeteuerungen, sehr viele Feststellungen, dass man bloss nicht mehr “auf wackeligen Boden” stehen und gehen muss. Am Ende ist das unser aller Geschick, wackeliger Boden. Und ja, man kann stehen und gehen, auch bei verminderter Standfestigkeit. Am Ende finde ich es entscheidend, dass Gott und hält und nicht, dass unsere Theologie alle Unsicherheiten beseitigt. Und klar, dass kann man bestimmt noch besser und schöner durchdenken als wir hier. Nächstes Jahr ist wieder Ostern, das ist ja das schöne im christlichen Kirchenjahr! Liebe Grüsse, Thorsten
Was ich vermisse in dem Gespräch über die Auferstehung: Jeder gläubige Christ, der Christi Geist bekommen hat, besitzt eine Art Auferstehungserfahrung, die auch permanent bleibt und die sich in der Hoffnung auf die eigene leibliche Auferstehung vollendet. Er/sie ist jetzt schon Teil der neuen Schöpfung per Wiedergeburt.
Gruß, Tobias
Danke für diese Anregung. Ja, vielleicht kommt dieser Geistaspekt ein wenig zu kurz. Ich wollte ihn ansprechen und einspielen durch die persönlichen Erfahrungen, die ich mit meiner sterbenden Frau gemacht habe. In ihr war jener Geist der Auferstehung, der sie neugierig machte auf das, was auf der anderen Seite des Todes kommt.
Toll gemacht! Über die “liberale” Theologie können wir gerne diskutieren… Lauster finde ich hier für die Zukunft der Theologie an staatlichen Universitäten richtungsweisend… Thorsten: meinst Du am Schluss nicht eher das Gericht? ob und inwiefern da Auferstehung da wichtig oder notwenig ist wäre wohl noch zu diskutieren…
Aber weiter so danke!
Lieber Roland, Danke für die Ermutigung! Na klar, liberales Theologisieren bleibt wichtig – und kommt hier und da bei diesem Thema etwas an Grenzen. Aber kommen wir das nicht alle? Richtig, Gericht und Auferstehung sollte man zusammendenken, auch, wenn unsere Vorstellungskraft sicher nicht mehr so blumig sein wird wie in anderen Epochen. Liebe Grüsse, Thorsten
Lieber Thorsten, lieber Andi! An dieser Stelle möchte ich Euch einmal ganz herzlich danken für Euren Dienst und den wunderbaren Podcast “GEIST.ZEIT”. Das Angebot von RefLab ist mir schon oft hilfreich gewesen für meine theologische Arbeit, aber auch für meinen persönlichen Glauben. Danke für Eure wertvollen Gedanken zum Thema Kreuz und Auferstehung. Ich bin seit über 40 Jahren als BFP-Pastor im Verkündigungsdienst, aber ich darf immer noch dazu lernen. Das hält meinen Glauben frisch und lebendig. Ich habe das große Glück, zu Kreuz und Auferstehung einen persönlichen Glaubensbezug zu haben. Auf dieser Basis fällt es mir nicht schwer, die verschiedenen Aspekte dieses Geschehens, die Ihr so gut beleuchtet, zu durchdenken. Mein Glaube und mein Verständnis werden dadurch bereichert. Das Kreuz ist für mich eine Gotteskraft. Als ich vor genau 50 Jahren zum Glauben finden durfte, damals als obdachloser Heroinjunkie, war das Kreuz für mich der Ort, an dem ich all meinen Müll loswerden konnte und ein neues Leben, einen neuen Anfang und eine neue Perspektive erfahren habe. Auch dass “Jesus lebt” – es war unser starkes Bekenntnis als Jesus People in den 1970er Jahren – konnte und kann mir keiner mehr ausreden. In der Diskussion über das leere Grab und das genaue “Wie” der Auferweckung sage ich dann oft: “Alles sehr spannend! Aber nicht ganz so wichtig für mich. Ich “weiß”, dass Jesus lebt, denn er ist mir begegnet.” Also – ganz herzlichen Dank für alles, Ihr Beiden! Weiter so, und liebe Grüße aus Bremen! Uli
Einfach herzlich “Danke”, lieber Uli. Du ermöglichst uns durch Deine Zeilen eine willkommene Sinnerfahrung. Das, was wir machen, ist sinnvoll, weil wir mit Menschen wie Dir in theologische Resonanz kommen, die sich in unserem Leben bewährt. Eine schöne Ermutigung, merci dafür.