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Friedrich Nietzsche (Teil 3): Gott nach der Metaphysik

Wer Nietzsche als Atheisten bezeichnet, hat ihn nicht verstanden. Sicher beerdigt Nietzsche den «alten», metaphysischen Gott – aber er lässt Raum offen für einen neuen, schwachen, «tanzenden» Gott: Eine Spur, die sich auch für das heutige christliche Reden von Gott nahelegt…

4 Gedanken zu „Friedrich Nietzsche (Teil 3): Gott nach der Metaphysik“

  1. Die Behauptung, es gebe keine Metaphysik, ist selbst eine metaphysische Behauptung. Es gibt daher nur gute oder schlechte Metaphysik.
    Und danke für diese großartige Folge.

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    • Danke Michael für die Rückmeldung! Und ja: als absolute Behauptung ist die Leugnung jeder Metaphysik tatsächlich selbst ein metaphysisches Statement. In diese Falle tappt Nietzsche aber gerade nicht.

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  2. Wieder eine tolle Folge, aber ich glaube die Kritik von Nietzsche ist so radikal, dass ihr sie irgendwie nicht aushalten wollt oder könnt: Gott als Orientierung ist tot und jetzt muss der Mensch selber schauen und auch Verantwortung für sich und die Welt übernehmen; aus der Theodizee wird die Antrophozee- wir sind alleine im Universum mit unseren Gedanken- das ist schwer auszuhalten und wir müssen notgedrungermassen “toll” bzw. verrückt werden. Auch der Verweis auf Jesus als den sittlichen Menschen hilft da wenig- der ist nämlich als einziger wahrer Christ am Kreuz gestorben. Tot- aus die Maus und nix mit Auferstehung bei Nietzsche…
    Auch Gott ständig zu depontenzieren finde ich ein “Trickli”: Allmacht gehört zur Definition von Gott und ist zu tiefst biblisch und trotz Kreuz bleibt er ja “Boss” mit der Auferstehung- kurz schwach aber trotzdem souverän allmächtig- und richtet am Schluss die Lebenden und die Toten.
    Auszuhalten, dass der Gott “der Väter und Mütter” tot ist und dass da wohl kein erkennbares himmlisches oder göttliches Wesen ist, das Recht und Ordnung garantiert, ist schwer und kaum auszuhalten: ein Rückfall in den alten Kinder- oder Aberglauben, in das “Gewohnte” ist nachvollziehbar…
    Aber Nietzsche selbst versucht diesen Horror vacui auszuhalten und wird dabei toll- ein neuer “Anti- Jesus”…
    Für mich hoch inspirierend: klar glaube ich auch an unsere “Papi”- Gott, der uns alle lieb hat und immer für mich da ist- das ist aber wohl eher eine Projektion meiner Wünsche- aber mit dieser Illusion lebt es sich ganz gut; für den “Übermenschen” bin ich (noch) zu feige…

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  3. Ich möchte ein paar Gedanken zu dieser höchst spannenden Folge teilen.

    Besonders gestolpert bin ich über die Aussage: „Das ist nicht metaphysisch, aber das ist theistisch.“

    Diese Unterscheidung erscheint mir widersprüchlich.

    Im Anschluss an Nietzsches Kritik der Metaphysik wird hier offenbar versucht, einen gegenwärtig erfahrbaren Gott als mögliche Antwort auf eben diese Kritik in Betracht zu ziehen – und gleichzeitig zu behaupten, das sei nicht metaphysisch.

    Doch das passt aus meiner Sicht nicht zusammen:
    Ein personaler, erfahrbarer Gott bleibt theistisch, und Theismus ist nicht jenseits der Metaphysik – sondern geradezu deren paradigmatische Form.

    Der Theismus als Vorstellung eines wirklich existierenden Gottes – eines transzendenten Gegenübers – setzt metaphysisch ein Sein voraus, das außerhalb der Welt liegt oder sie zumindest übersteigt.

    Wer also an einem solchen Gottesbild festhält, bewegt sich nicht jenseits der Metaphysik – sondern bleibt vollständig innerhalb ihres Rahmens.

    Ob bewusst oder unbewusst: Man perpetuiert genau jene metaphysische Ontologie, die Nietzsche mit seiner Kritik zu überwinden sucht.

    Es stellt sich für mich – im Anschluss an Nietzsche – die weiterführende Frage:
    Wie lässt sich Religion postmetaphysisch begreifen – jenseits von Theismus, Atheismus und Agnostizismus?

    Denn diese drei Positionen teilen – bei allen Unterschieden – eine grundlegende Gemeinsamkeit: Sie gehen allesamt davon aus, dass die Gottesfrage überhaupt legitim und sinnvoll gestellt werden kann.

    Doch angesichts von Nietzsches radikaler Kritik an der Metaphysik scheint mir gerade das fraglich:
    Braucht es nicht vielmehr ein Verständnis von Religion, das sich skeptisch gegenüber jeder Vorstellung eines allmächtigen, starken Gottes zeigt – eines Gottes, der (wie Roland Portmann es treffend formuliert hat) trotz Kreuzigung der “Boss” bleibt?

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