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 Lesedauer: 4 Minuten

Tinder als Spiegel deines Innersten

Ein paar Jahre nach dem Tod meines Partners war da plötzlich wieder ein Bedürfnis nach Nähe, nach skincontact, wie eine Freundin das mal genannt hatte. Eine Beziehung jedoch war ausser Frage. Zu viel war da noch zerbrochen, verwundet. Ich meldete mich also auf Tinder an – nachdem mir Freundinnen versicherten, es sei imfa eine super Erfahrung und überhaupt nicht so furchtbar plump, wie das zum Teil suggeriert wird. Die heterosexuelle Version der App Grindr funktioniert weniger als Sofort-Sex-Vermittlung, als deren homosexuelles Äquivalent. Dunktmi na wichtig, das gleich zu Beginn hier zu erwähnen.

Wieso eine Dating-Serie?

Anyway. Bevor ich euch von meinen lustigen, absurden und schönen Erfahrungen erzähle – warum schreibt die Frau von «Holy Embodied», also ich, eine Serie über Dating? Weil mir auffällt, wie wenig lustvoll wir uns diesem Prozess des Datings aussetzen. Weil niemand, aber wirklich niemand, sich freiwillig länger als nötig im Datingpool aufhält. Gleichzeitig befinden wir uns immer mal wieder genau da drin. Beziehungen haben nun mal meist ein Ablaufdatum, das scheint unumgänglich. Trotzdem verhalten wir uns so, als sei die einzig sichere Art und Weise zu leben, in einer Verbindung mit einem oder mehreren Menschen.

Alleine zu sein, das scheint nicht ok zu sein.

Eine Annahme, die ich aus non-dualer Perspektive sehr interessant finde. Doch dazu später.

Eine Freundin von mir meldete sich nach der Trennung von ihrem langjährigen Partner ebenfalls auf Tinder an – wollte eigentlich alleine bleiben und etwas Spass haben. Nach einer Woche meinte sie: «Das funktioniert nöd eso, wie ich das will.» Und war eine weitere Woche später schon mit einer neuen Person zusammen. Eine andere Freundin, selbe Geschichte. Noch eine, dito. Alles nicht tragisch. Auch ich meinte beim ersten Mann, den ich «danach» über Freunde kennenlernte, ich wolle mit ihm zusammen sein. Zum Glück klappte es nicht, zum Glück.

Liebe ist

Denn wer wollte diese Verbindung eingehen? Nicht eine klare, wache, stabile, freie Leela. Sondern eine verletzte Kind-Leela. Jener Teil, der überzeugt ist, eine andere Person kann alles besser machen. Eine andere Person kann uns die Liebe geben, nach der wir uns sehnen. Doch das ist Bullshit, I am so sorry. Liebe ist. Unabhängig. Niemand kann die uns geben – oder im Umkehrschluss entziehen.

Liebe ist nicht an eine Person, überhaupt Personen, gebunden.

Eine Entdeckung, die ich nadisna machen durfte, immer wieder von Neuem erleben darf. Und so freier werde von dieser Annahme, dass wer allein lebt, alleine ist. Was so nicht stimmt, wenn da bloss dieses Eine ist. Das Leben. Gott. Liebe. Sag ihm wie du willst.

Ich weiss noch, wie meine Mentorin Kiran zu Beginn dieser Dating-Tinder-Reise zu mir sagte: «Sei dir bewusst, dass du aufs Krasseste mit deinem Shit konfrontiert werden wirst – es ist nicht der sanfteste Weg, dir deiner Muster bewusst zu werden. Willst du das tatsächlich?»

Ja, wollte ich. Ich spürte, da ist etwas Spielerisches dabei, in diesem Experiment. Little did I know, dass es tatsächlich direttissimo die dichtesten Muster hervorspült.

Ein Lernprozess

Nach vier Jahren in diesem Prozess, der langsam aber sicher einige dieser Schichten abgetragen hat, kann ich sagen: es lohnt sich, sich nicht sofort in eine Beziehung zu werfen. Es lohnt sich, etwas länger im Datingpool zu verweilen. Sich diesem Prozess auszusetzen. Der zwar unangenehm sein kann, aber so so so so lehrreich ist.

Ja, ich würde sogar gerne allen empfehlen, egal ob verpartnert oder nicht, sich für eine Weile auf einer der Apps anzumelden. Nicht zwingend, um tatsächlich mit jemandem ins Bett zu gehen – sondern um mal zu beobachten, wie wir reagieren auf bestimmte Verhaltensweisen. Wem wir wie begegnen. Was welche internen Reaktionen auslöst. Es lohnt sich, wüki. Ich habe unglaublich viel gelernt über dieses Wesen Leela, lerne weiterhin so viel Wertvolles. Je besser ich sie (also mich) kenne, desto freier kann ich in Interaktion treten. Und das, ja das ist eine fantastische Erfahrung. Und geht weit über Dating oder Schmüsele hinaus.

Lest bald weiter im nächsten Teil dieser Serie über Erfahrungen, Grenzen und Dankbarkeit!

 

(Photo by Alexander Sinn on Unsplash)

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2 Kommentare zu „Tinder als Spiegel deines Innersten“

  1. Leela, ich glaube. ich verstehe dich.
    Nein, ich weiß, ich verstehe dich.

    We never are are alone….

    So what, feiern wir den ganzen großen Rest.

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