Less noise – more conversation.

 Lesedauer: 3 Minuten

Liebe Eltern und Lehrpersonen

Ich schreibe für einmal nicht als Komikerin, sondern als Erziehungswissenschaftlerin und ehemalige Lehrperson: Die Kinder brauchen von euch jetzt Geborgenheit, Liebe, Zuversicht, Strukturen und Lesen, Schreiben, Rechnen. Alles andere ist Luxus.

Klar habt ihr die Absicht oder den Auftrag, euren Kindern im Sommer einen reibungslosen Übertritt zu ermöglichen. Der Tag wird kommen, an dem das wichtig wird. Aber er ist nicht heute.

Ihr wollt, dass sie über Wikinger oder die Weltwirtschaft, über Staatskunde, die Zusammensetzung der Luft, Schwerkraft oder Scherenschnitt-Techniken Bescheid wissen. Der Tag wird kommen, an dem das wichtig wird. Aber er ist nicht heute.

Ihr versteht das komplizierte E-Learnig-Tool nicht, ihr schafft es nicht, Home-Office und Home-Schooling unter einen Hut zu bringen, das Abfilmen des Instrumentalunterrichts erweis sich als zu kompliziert? Das ist alles nicht so tragisch. Bleibt ruhig. Nehmt’s mit Humor. Oder mit einem Gin Tonic.

Eure Kinder, eure Schulklassen werden nicht zu Bildungs-Versagern, weil sie einige Wochen keinen Unterricht hatten. Statt die Nerven zu verlieren, weil das Aufschalten der Prüfung nicht gelingt, kann man das Aufschalten der Prüfung auch mal sein lassen. Der Tag der wichtigen Prüfung wird kommen. Aber er ist nicht heute.

Es werden Lösungen gefunden werden, wie man die paar Monate wieder aufholen kann. Ihr könnt mit Nachsicht rechnen, wenn ihr nicht alles geschafft habt. Darum könnt ihr getrost auch nachsichtig sein. Mit Lehrpersonen und Schulleitungen, mit Eltern und Kindern. Und vor allem mit euch selbst. Lernziele und Schulstoff sind im Leben eines Kindes wichtig und der Tag, an dem sie die Kompetenzen beherrschen sollten, wird kommen. Aber er ist nicht heute.

Es ist gut, wenn ihr euch und die Kinder sinnvoll beschäftigen könnt in diesen schwierigen Zeiten. Aber das muss nicht eine zielgerichtete und prüfbare Beschäftigung sein. Die Lernziele sind heute nicht wichtig. Wichtig ist heute die Gesundheit. Die Gesundheit aller. Auch die psychische. Wenn es irgendwie geht, sollte das eigene Zuhause für die Kinder ein Hort der Zuversicht und Gelassenheit sein. Alles wird gut. Auch wenn die Bedingungen anders sind.

Zuversicht und Geborgenheit werden auch vermittelt durch Strukturen:

  • Gemeinsam kochen, essen, aufräumen, putzen.
  • Gemeinsam 1h – 3h Home-Office, wenn’s geht, mit den Aufgaben der Schule. Wenn’s möglich ist, mit Online-Angeboten. Aber eigentlich reicht es schon, wenn die Kinder das Lesen, Schreiben und Rechnen nicht verlernen. Alles andere ist Luxus.

Versprecht nicht zu viel, erwartet nicht zu viel. Es ist ziemlich scheissegal, wenn mal etwas nicht klappt. Begegnet einander mit Gelassenheit. Mit Humor.

Und wenn’s geht: mit Liebe.

Patti Basler

P.S.: Und guckt #ApocalypsoTV

5 Kommentare zu „Liebe Eltern und Lehrpersonen“

  1. Wunderbarer Artikel, merci! Wir wünschen uns, dass für unsere Kinder die jetzige Homscooling-Zeit als eine einzigartige Erfahrung haften bleibt und im besten Fall den Kindern Mut macht, dass es auch geht, wenn es anders geht und dass die Hoffnung siegt. Und ja, es ist nicht einfach die Ruhe zu bewahren!

    1. Ich schliessen mich voll und ganz Philipp Kohli an, liebe Patti. Für einmal muss ich nicht selber schreiben, weil einer es so schreibt, wie ich es auch getan hätte.

  2. Danke!
    Und dem ist nur anzufügen: nicht nur für unsere Kinder, auch für uns Erwachsenen gilt es, diese einmalige Chance zu nutzen:
    Die Stille wirken zu lassen, die Angst auzuhalten, sie zu teilen, mitzuteilen, zu Hause zu bleiben und wenn wir trotzdem unterwegs sind: einander zuzulächeln und uns so Geborgenheit und Mut zu schenken.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

RefLab regelmässig in deiner Mailbox

RefLab-Newsletter
Podcasts, Blogs und Videos, alle 2 Wochen
Blog-Updates
nur Blogartikel, alle 2 bis 3 Tage